Einteiler: Merch Talking

In seiner Modekolumne »Einteiler« bespricht unser Kunst-, Design- und Moderedakteur Gabriel Roland unter dem Motto »die österreichische Modeszene Stück für Stück« jeweils ein Textil aus einer Kollektion. Dieses Mal: zwischen Merch und Mode.

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© Erli Grünzweil

Die Produkte und Dienstleistungen, die das Hard Rock Cafe, Thrasher, Harvard, Levis oder Manner anbieten, könnten kaum unterschiedlicher sein. Was sie aber verbindet, ist die Art und Weise, in der ihre ästhetischen Repräsentationen sich verselbstständigt haben. Das wichtigste Vehikel der Identifikation ist dabei Kleidung, die – auch wenn ihre Bedeutsamkeit gerne in Abrede gestellt wird – die äußerste visuelle Schicht, der erste Referenzrahmen für bewusst oder unbewusst abgesetzte Botschaften an unser Umfeld bleibt.

Die Frage nach der Bedeutung von Gewand als Ausdrucksmittel löst sich bezeichnenderweise just dann vollständig auf, wenn man eine oft gerade von denjenigen, die sonst die Wichtigkeit von Kleidung geringschätzen, getragene Untergruppe in Treffen bringt: Merchandise. Hier tritt das Kleidungsstück an sich auf einmal in den Hintergrund und eine unversehens explizit gewordene Bedeutsamkeit in den Vordergrund. Sei es ein Sportverein, eine Universität oder eine Band: Über Aufschriften und Symbole wird Identität und Zugehörigkeit geschaffen und diese innerhalb der peer group sowie nach außen kommuniziert.

Der jacquardgestrickte Schal ist aus Fußballkreisen wohlbekannt. Seine Beschaffenheit ist durch die bestmögliche Darstellung charakteristischer Symbole, Farben und Schriftzüge bedingt. So wird er auch weniger um sich warm zu halten als seiner medialen Wirkung wegen getragen. Es sind genau diese Versatzstücke mit denen das Wiener Creative Studio Hood in seinen Modeeditionen spielt. Die Konventionen und Codes der für Merch geläufigen expliziten Kommunikation werden auf ungleich diffusere Identifikationsmodelle umgelegt. Am Ende steht man mit einem Fanschal da, der einen mit eindringlicher Typografie und (anti)religiöser Symbolik als „Romantic Outsider“ ausweist.

Diese intuitive Verwertung kultureller Bausteine ist eines der Merkmale vieler junger Akteure, die wie Hood unkonventionell, kollaborativ und interdisziplinär arbeiten wollen. An der Schnittstelle von High Fashion, der eine komplexe Sinnstiftung eigen ist, und Streetwear, aus der wiederum die direkte Kommunikation von Markenidentitäten an spezifische Zielgruppen stammt, schafft Hood ein Hybrid aus beidem. Der transportierte Inhalt ist nicht mehr nur ein konkreter Anbieter von Waren und Dienstleistungen sondern eine zeitgeistige Momentaufnahme. Arbeitstitel: High Merch.

 

© Erli Grünzweil
© Erli Grünzweil
© Erli Grünzweil

Den Schal und die anderen Teile aus der aktuellen Edition von Hood mit dem Titel „Romantic Outsider“ sind auf hood.style erhältlich.

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