Wieder einmal hat Hans Platzgumer eine Schnapsidee konsequent weiterverfolgt und mit seiner Band Convertible ein stilistisch unerwartetes Pop-Kleinod geschaffen. Der Musiker, der mittlerweile von Theatermusik und seiner erfolgreichen Schriftstellerei lebt, über seine verschrobene norwegische Kunstfigur Colin Holst, den Schmäh von Phil Spector und die Mühsal, als Band, die keine Konzerte mehr spielt, ein Publikum zu erreichen.
Nichtsdestotrotz scheint es, als hätte die Band Convertible deutlich an Bedeutung für dich verloren.
Das stimmt, ja. Ich spiele keine Konzerte mehr. Nach fast 2.000 Konzerten in meinem Leben mag ich mich nicht mehr auf die Bühne stellen. Eigentlich war es gar nicht geplant, das Album als Convertible zu veröffentlichen. Wir wollten das als vermeintliche Norweger unter Pseudonym rausbringen, was uns dann aber als schwer umsetzbar schien, und wir entschieden, das besser Ziggy-Stardust-mäßig zu machen. Da war auch allen klar, dass es sich um eine Kunstfigur und um David Bowie handelt. Sonst könnten wir uns jetzt nicht unterhalten und irgendein norwegischer Freund müsste jetzt gefakte Telefoninterviews geben. Wir haben sowas in den Nullerjahren unter dem Namen Queen Of Japan ja schon einmal durchgezogen. Das war damals sogar ein Welthit, den Coca-Cola für einen Werbespot wollte. Damals war uns aber rasch zu anstrengend, den Gag weiter durchzuziehen. Da hab ich gemerkt, dass so ein Spaß schnell nur mehr Arbeit bedeutet. Das wollte ich diesmal vermeiden und mich auch nicht hinter der Musik verstecken. Wir haben Colin Holst als Inspirationsquelle genutzt, wir wollten ihn nicht als Klotz am Bein empfinden.
Viele Alben werden mittlerweile nur veröffentlicht, um einen neuen Anlass für Konzerte und eine Tournee zu haben oder um in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Wie seid ihr präsent, wenn ihr keine Konzerte mehr spielt?
Das ist tatsächlich schwer und ich habe das Label auch vorgewarnt. Weil ohne Konzerte ja kaum mehr etwas verdienbar ist. Aber was soll’s, das ist halt nun mal so. Das muss man in Kauf nehmen. Es ist deshalb schwieriger, das bekannt zu machen, und unmöglich, damit Geld zu verdienen. Es muss aber trotzdem gemacht werden.
Wie findet ihr dann euer Publikum?
Ich hoffe, dass das alles selbst seinen Weg geht, dass das Label was erreichen kann und setze darauf, dass es eindrückliche Songs sind, die sich letztlich durchsetzen. Vielleicht nicht ganz schnell, aber halt im Lauf der Zeit. Vielleicht passiert irgendwas Unvorhersehbares. Vielleicht kommt einer der Songs mal in einem Film vor. Mir würde auch taugen, wenn jemand Bekannter, der viele Konzerte gibt, einen unserer Songs covert. Es sei hiermit freigegeben. (lacht)
Spielt Radio noch eine Rolle? Werdet ihr gespielt?
Auf FM4 wahrscheinlich schon und von College-Radios. Von den großen Formatradios sicher nicht. Es ist alles nicht mehr so leicht wie früher. Weil wir vorhin von den Beatles gesprochen haben: Auch deren Produktionen, »Strawberry Fields« etwa, das ist ja schmutzig produziert und hätte in seiner Lässigkeit heute wahrscheinlich keine Chance mehr ins reichweitenstarke Radio zu kommen. Damals war das aber überall. Aber du hast schon Recht, die Verbreitung ist sehr schwierig geworden. Was wahrscheinlich hilft ist ein super Video zum Song »Final Call«, gemacht von Chris, unserem Bassisten, der im wirklichen Leben ja Kameramann in Hollywood ist. Es wird auch noch zwei, drei weitere Videos geben, aber es ist halt alles verzögert, weil es keine Budgets gibt und alles in der Freizeit passiert. Ich vertraue einfach auf die Stärke der acht Songs.
»Holst Gate« von Convertible ist heute bei Noise Appeal Records erschienen, Hans Platzgumers aktueller Roman »Drei Sekunden Jetzt« im Zsolnay Verlag.