»Jetzt weiß der Käufer, wo ich wohne …« – Dominik Hartl zu »Die Waschmaschine«

Was, wenn ich auf Willhaben ein altes Möbelstück verkaufe, seinen schrottigen Zustand verheimliche und der Käufer ein finsterer Ex-Taliban ist? Aus solchen Überlegungen heraus entstand der unterhaltsame Kurzfilm »Die Waschmaschine«, der neu in der Cinema Next Series kostenlos zu streamen ist. Wir haben mit Regisseur Dominik Hartl über seine Willhaben-Ängste und die Komödie als Königsklasse des Filmemachens gesprochen.

© Dominik Hartl / Anna Hawliczek

»Die Waschmaschine« ist die nächste Veröffentlichung in der Cinema Next Series, die regelmäßig auf der Streamingplattform Kino VOD Club kostenlos spannende Filme von heimischen Filmtalenten präsentiert.

Cinema Next: In deinen eigenen Worten: Worum geht es in »Die Waschmaschine«?

Dominik Hartl: Also an der Oberfläche geht es um einen jungen Typen, der seine kaputte Waschmaschine auf möglichst einfache Art und Weise loswerden will und dabei eine Kettenreaktion an bösen Ereignissen auslöst. Ich wollte in einem sehr kleinen Rahmen eine Geschichte erzählen, die aber größere Themen verhandelt. Der Protagonist hält sich zum Beispiel für einen total liberalen Menschen und wird dann plötzlich mit seinen eigenen, rassistischen Vorurteilen konfrontiert. Er und seine Freundin sind schon erwachsen, müssen sich aber ständig das Auto vom Papa ausleihen. Und sie leben in der alten Wohnung der Großmutter, weil sie sich keine eigene leisten können. Gleichzeitig sind sie es gewohnt, dass ihnen das Essen zur Wohnungstür geliefert wird und jemand ihren Müll wegbringt. Das sind, glaube ich, alles sehr typische Umstände unserer Zeit und Gesellschaft.

Was war deine Motivation, eine Willhaben-Story zu erzählen?

Der Ausgangspunkt war tatsächlich, dass ich mich einmal dabei ertappt habe, wie ich bei so einem Inserat ein altes Möbelstück ziemlich schöngeredet habe, und mir dann vorstellen musste, wie das jemand abholt und später draufkommt, dass es Schrott ist. Jetzt weiß der Käufer, wo ich wohne, und in meiner Vorstellung war das natürlich ein finsterer Ex-Taliban, der jetzt über meinem kaputten Billy-Regal stehend ewige Rache auf mich schwört. Und dass ich mir diesen geschassten Käufer sofort als so einen Typen vorgestellt habe, das hat mich erschreckt, weil es mir gezeigt hat, wie sehr so rassistische Stereotype in einem drinnenstecken. Und irgendwie fand ich es natürlich auch witzig.

Der Film spielt sich in der kleinen Wohnung ab – und im Kopf des immer misstrauischer werdenden jungen Mannes. Welche Konflikte oder auch Dynamiken waren dir wichtig, als du die Geschichte und auch Dialoge geschrieben hast?

Das Wichtigste war für mich, dass das junge Pärchen, dem die Waschmaschine eingeht, nicht abgehoben oder irgendwie privilegiert daherkommt. Sonst wäre die Geschichte schnell zynisch geworden. Dann musste deren Beziehung auch an einem Punkt sein, wo man versteht, warum die sich nicht mehr alles erzählen und gerne auch mal ein bisschen gemein zueinander sind. Dadurch werden die Entscheidungen rund um den Verkauf der Waschmaschine und alles, was danach passiert, nachvollziehbar und glaubwürdig. Und dann war es mir noch sehr wichtig, dass Hassan, der die Waschmaschine mitnimmt, ein grundsympathischer Typ ist, dem man aber auch zutraut, dass er zu einer Bedrohung werden kann.

Brigitta Kanyaro und Thomas Schubert spielen das junge Paar, das eine nicht mehr ganz so funktionierende Waschmaschine auf Willhaben verkaufen will. Filmstill © Dominik Hartl / Anna Hawliczek

Jede*r von uns hat sie wohl schon gemacht, die Willhaben-Erfahrungen: Dinge, die doch nicht so ganz funktionieren; Käufer*innen, die nicht auftauchen oder doch weniger Geld dabei haben; … Hättest du nicht Lust, noch weitere Willhaben-Geschichten zu erzählen?

»Die Waschmaschine« ist tatsächlich Teil eines Serienkonzepts, an dem ich gerade arbeite. Darin geht es aber nicht um Willhaben-Geschichten, sondern um Begegnungen von Menschen aus diversesten sozialen Bubbles, die von Apps wie Willhaben, Google Maps oder Tinder zusammengeführt werden – und dann natürlich in einen Konflikt geraten.

Aber ich überlege gerade, auch eine Langfilmversion von der »Waschmaschine« zu schreiben. Es gibt noch viele Ideen und Nebenhandlungen zu der Geschichte, die ich gerne ausprobieren würde. Der Kurzfilm wäre dann quasi der erste Akt zu einer Geschichte, die noch viel weiter und gemeiner ausartet.

Nach dem Verkauf auf Willhaben gerät Simon in eine Angstspirale. Der Käufer Hassan könnte ja gefährlich sein und wieder auftauchen … Filmstill © Dominik Hartl / Anna Hawliczek

Der Film ist sehr humorvoll. Ist die Komödie wirklich, wie man so sagt, die Königsklasse des Filmemachens, und warum ist das eigentlich so?

Ich finde, die Komödie ist absolut die Königsklasse des Filmemachens. Das Fiese an diesem Genre ist, dass man sich so entblößen muss – es gibt ja kaum etwas Peinlicheres, als einen Witz zu erzählen und niemand lacht. Bei einem Film ist das genauso. Entweder die Leute lachen, oder eben nicht – da gibts im Nachhinein kein Schönreden. Für mich ist es ein großes Ziel, als Autor und Regisseur irgendwann einmal eine richtig gute Komödie zu machen. Und »Die Waschmaschine« war für mich auch ein wichtiger Schritt, mich wieder mehr in diese Richtung auszuprobieren. Das klingt jetzt vielleicht etwas kitschig, aber ich denke, dass es dabei auch sehr darum geht, seine eigene »Stimme« zu finden.

Du hast schon drei Kinofilme gedreht. Warum mit »Die Waschmaschine« wieder zurück zum Kurzfilm?

Ich bin vor zwei Jahren Vater geworden und habe mir im Zuge dessen auch eine Art »Bildungskarenz« genommen und ein Masterstudium in Regie an der Filmakademie begonnen. Es war mir wichtig, noch eimal tiefer in die Materie einzudringen und im geschützten Rahmen Sachen auszuprobieren. Dafür ist die Filmakademie wirklich ein großartiger Rahmen. »Die Waschmaschine« war dann mein erster Kurzfilm für das Masterstudium.

Dominik Hartl, geboren 1983 in der Steiermark, studierte bis 2012 Regie und Drehbuch an der Filmakademie Wien. Danach realisierte er drei Kinofilme: den Coming-of-Age-Film »Beautiful Girl« (2016), den Zombiefilm »Attack of the Lederhosenzombies« (2017) und den blutigen Thriller »Die letzte Party deines Lebens« (2018). Mit »Die Waschmaschine« kehrt Dominik Hartl wieder an die Filmakademie und zum Kurzfilm zurück. Foto © Andreas Thalhammer

Welche ist deine Lieblingsszene in »Die Waschmaschine« und warum?

Meine Lieblingsszene ist, als Simon bei Hassans Arbeitgeber anruft und ihn aus Versehen verpetzt. Thomas Schubert spielt diesen Moment so großartig, wenn er checkt, dass er Hassan gerade seinem Boss ans Messer geliefert hat.

Ich konnte, pandemiebedingt, ja nur sehr wenige Vorführungen mit Publikum erleben. Aber bei dieser Szene kann man immer hören, wie die Leute im Publikum nach und nach checken, dass Simon den armen Hassan unwissentlich gerade richtig in die Scheiße reitet. Das ist wirklich eine der schönsten Sachen für mich, wenn so eine Szene dann im Film wirklich aufgeht.

Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junges Kino aus Österreich.

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