Gefühlshochs und -tiefs einer Studentin – Felix Ernst Peter Schalk im Interview zu »Elenore«

Eine junge Stundentin wird durch einen Tag geschickt, der einer traumhaften Gefühlsachterbahn gleichkommt. Das junge Filmkollektiv Elise aus Graz hat mit dem fast dialogfreien »Elenore« einen erfrischenden und bemerkenswert ideenreichen Kurzfilm kreiert. Der Film ist neu in der Cinema Next Series kostenfrei zu streamen. Wir haben den Regisseur Felix Ernst Peter Schalk zum Interview gebeten.

© Paul Bono / Elise Film

»Elenore« ist die nächste Veröffentlichung in der Cinema Next Series, die regelmäßig auf der Streaming­­plattform Kino VOD Club kostenlos spannende Filme von heimischen Film­talenten präsentiert.

Cinema Next: In deinen eigenen Worten: Worum geht es in »Elenore«?

Felix Ernst Peter Schalk: Es geht um Gefühle. Speziell um die Gefühlshochs und -tiefs einer jungen Studentin, die im Film metaphorisch und surrealistisch dargestellt werden. Der Film kommt dabei fast ohne Dialog aus und ist gewissermaßen eine Collage, ein Schwall an bildlichen und musikalischen Eindrücken.

Wie kam es zu dieser Form? Also dass ihr den Film episodenhaft, praktisch ohne Dialog und mit viel Musik und Sounddesign erzählt?

Frei nach dem Motto »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte« wollten wir die subjektiv empfundene Überlast an emotionalen Eindrücken darstellen, die ein einzelner Tag im Leben so bieten kann. Wir haben daraufhin einzelne Bilder gesucht, die eben gewisse Gefühlszustände – hauptsächlich Nuancen der Angst, aber auch Trauer, Freude und Erkennen – darstellen können. Bald einigten wir uns auf das Element des Wassers als roten Faden, an dem sich die Bild­metaphorik ausrichtet. Die starke Gleichzeitig­keit eines Bild­eindrucks und die starke Meta­phorizität der abstrakten Szenerie schienen uns die geeigneten Werkzeuge dazu, das zeigen zu können, was wir zeigen wollten: Gefühle.

Manchmal will man einfach nur abtauchen …
… manchmal nur feiern. Gefühls­zustände einer jungen Studentin, im Film verkörpert von Vera Posch. (Filmstills © Paul Bono / Elise Film)

Eine Frau, die in den reissenden Fluss steigt. Ein leeres Zimmer, in dem Kleidungs­stücke in der Luft hängen. Ein Parkett­boden, der im Wasser versinkt. Wie seid ihr auf all diese erfrischend originellen Einfälle gekommen? Und welche Szene war am schwierigsten zu drehen?

Der Prozess verlief eigentlich immer so: Am Anfang stand eine Emotion oder eine emotionale Konstellation, die wir visuell darstellen wollten. Dann suchten wir nach Orten, welche in den Verlauf des Plots passten und suchten an diesen nach Möglichkeiten, die Protagonistin eintauchen zu lassen. Bei den abstrakteren, traumartigen Szenen waren wir dabei von den alltäglichen Orten unabhängig und erschufen ganz neue Umwelten, welche ein Gefühl eindrücklich hervorrufen können.

Da wir auch viel auf praktische Effekte setzten, waren einige Szenen mit einem erheblichen technischen und planerischen Aufwand verbunden. Die technisch schwierigste Szene war die Szene mit dem gefluteten Parkett­boden. Für diese mussten wir ein Floß bauen, welches in einem See absinken und wieder auftauchen konnte. Andere Szenen, wie das Aussteigen aus der Straßenbahn, bedurften weniger technischen Aufwandes, dafür umso mehr Planung. Und dazu kommt natürlich auch, dass fast alle Szenen wie eine Kette fließend ineinander übergehen.

Bemerkenswert ist auch die Szene zum Schluss, wo zwei Filmcrews beim Drehen aufeinandertreffen. So eine Szene muss man in der Filmgeschichte zuerst mal finden, vielleicht ist sie sogar einzigartig. Was ist für euch persönlich eure Lieblingsszene in »Elenore«, und warum?

Die schönsten Momente sind meiner Meinung nach zwischen den Szenen – es gibt ein paar versteckte Übergänge, welche die Zuschauer*innen gar nicht bemerken lassen, dass gerade ein Szenenwechsel stattgefunden hat. Damit wollten wir das Gefühl emulieren, welches man etwa in einem Traum hat: Dort passieren die wildesten »Szenen­wechsel«, ohne dass man sie bemerkt oder hinterfragt. Kurzum: Am besten gefällt nicht eine Szene, sondern das Ineinander­fließen von mehreren Szenen.

Felix Ernst Peter Schalk wurde in 1999 in Graz geboren und studiert mittlerweile Philosophie und Rhetorik in Thübingen, Deutschland. Seine künstlerischen Schwer­punkte sind Malerei, Film und Text. Mit dem Filmkollektiv Elise realisiert er als Regisseur und Autor Werbe- und Kurz­spiel­filme. Das Kollektiv wurde 2021 gemeinsam mit Noah Wester­mayer, Adrian Lindenthal, Emil Bono und Paul Bono gegründet. (Foto © Paul Bono)

Ihr seid eine junge Filmgruppe aus Graz. Seid ihr alle beruflich beim Film tätig und was sind die nächsten Projekte mit eurem Kollektiv Elise? In welche Richtung soll’s gehen?

Also, eigentlich studieren wir ja alle noch. Das Filmen war schon seit Kindertagen eine Neben­beschäftigung, der wir nach und nach immer professioneller nachgingen. Und irgendwann haben wir uns als Kollektiv zusammen­geschlossen. Das ist wichtig, damit man auch für Kund*innen größere Projekte angehen kann. Vergangenes Jahr haben wir beispiels­weise einige Musikvideos und Konzerte gedreht. Aber auch der nächste Kurzfilm ist schon in Planung. So viel sei verraten: Es wird ein großer, kleiner Liebes­brief an das Kino und seine Lieb­haber*innen.

Eine Interview-Reihe in Kooperation mit Cinema Next – Junges Kino aus Österreich.

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