Label-Wirtschaft

Österreichische Indie-Labels werden mittlerweile richtig alt. Wie lässt es sich als kleine Plattenfirma hierzulande überleben?

Der persönliche Struggle

Auch heute wird man mit einem österreichischen Indie-Label nicht reich, Selbstausbeutung ist ständiger Begleiter, wie auch Jamal Hachem erzählt: »Offenbar wird das Betreiben eines Musiklabels in der öffentlichen Wahrnehmung mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Diese Tendenz ist hinterfragenswert, denn auch Atmosphären und Stimmungen sind nicht unwesentlich für kreative Zweige. Es braucht Fleiß, Hingabe und gutes Zeitmanagement, um ein Label mit mehreren Artists zu betreiben, genauso wie eine gesunde Portion Realismus und zugegeben auch ein gewisser Hang zur temporären Selbstausbeutung.« Die Liebe zu den Acts geht dabei auch oft über Bedürfnisse von Label und Mensch: »Dass es Trouble Over Tokyo nicht mehr gibt, war zunächst wirtschaftlich und menschlich sehr schade. Gleichzeitig ist daraus etwas wunderbares Neues entstanden«, erzählt Hannes Tschürtz etwa von seinem ehemaligen Schützling, der als Sohn temporär die Welt eroberte.

Was macht der Boom mit uns?

Vielleicht wird es ja jetzt leichter. Ob der Hype um österreichische Künstler weitergeht, wird man sehen müssen. Wie er heimische Labels verändert hat, hängt stark von deren Portfolio ab: »Keine Ahnung, ob das für Artists wie Mile Me Deaf oder Vague relevant ist, Acts wie Mile Me Deaf oder Sex Jams haben in ihren Kreisen auch schon vorher ganz gut international funktioniert«, meint Bernhard Kern von Siluh und auch der ähnlich international ausgerichtete Andreas Dvorak, der sein Label Fettkakao privat finanziert, sagt: »Ich erlebe weder eine Auf- noch Abwertung durch diesen so genannten österreichischen Musikboom.« Auch für Affine, dessen Artists größtenteils instrumentale Stücke aufnehmen, schlägt sich der Hype nicht auf die Labelarbeit nieder.

Labels, die vornehmlich für den heimischen und deutschen Indie-Markt produzieren, sind da durchaus optimistischer: »Die Zuversicht ist gewachsen, man wird mutiger, traut sich mehr, investiert auch in Länder, die man früher nicht angegangen wäre«, erzählt Andreas Jantsch von Las Vegas Records, die heuer ihren zehnten Geburtstag feiern. »Der Boom ist insofern hilfreich, weil das Bewusstsein vor allem hierzulande für Musik aus Österreich sensibilisiert wird. Das ist auch für die kleineren Releases und Labels gut, es muss nicht mehr so lange erklärt werden, was Pop-Musik aus Österreich sein soll«, sagt Matthäus Maier, dessen Grazer Label Phonotron erst 2014 gegründet wurde und bereits mit seiner ersten Veröffentlichung – dem Polkov-Debüt – Spuren in der österreichischen Musik-Landkarte hinterlassen hat. Walter Gröbchen meint: »Lokale Labels profitieren davon vor allem auch, weil wesentliche Medien, Gatekeeper und Durchlauferhitzer die Propheten im eigenen Land nicht mehr ungestraft ignorieren können.«

Das Geburtstagskind Ink gilt dabei – neben dem 2013 in Seayou Records aufgegangenen Problembär Records – als wichtigstes Label, das den Hype heraufbeschworen hatte, schließlich hängt sogar »Schick Schock« aus Platin im Büro. Chef Tschürtz zieht zu einem anderem Hype der vergangenen Monate einen Vergleich. »Das ist ein bisschen wie im Fußball: Gefährlich wäre eine totale Selbstüberschätzung oder der Glaube, jetzt ginge alles von selber. Es ist immer noch ein harter Kampf und tägliche Überzeugungsarbeit – wenn gleich auf etwas höherem Niveau.«

Ink feiert am 16. September seinen fünfzehnten Geburtstag im Wiener WUK.

Auf der nächsten Seite findet ihr vier Beispiele, wie Label-Wirtschaft in Österreich funktionieren kann.

Bild(er) © Nikolaus Ostermann
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