Mäzene und das System Seidl

Michael Ostrowski und Manuel Rubey sind zwei der witzigsten, klügsten und interessantesten Schauspieler Österreichs. Aber echt, wen gibt es da sonst noch? Beweis gefällig? Wir haben uns beim Mittagessen zum Interview getroffen.

Die Zutaten für die Ratatouille war von Kochabo.at bestellt, das launige Gespräch drehte sich anschließend um Michael Niavarani, das System Seidl, Pröll, Schröcksnadel, den ORF, Facebook, warum es so wenig lustige Frauen in Österreich gibt.

Ich habe nach Gemeinsamkeiten gesucht zwischen euch, und da gibt es gar nicht so viele. b>"Wie man leben soll" habt ihr zusammen gedreht, ansonsten…

Rubey: Wir haben beide den Amadeus moderiert.

… wäre die nächste Frage: Wer moderiert heuer den Amadeus?

Rubey: Ich mache es noch einmal.

Und im nächsten Jahr bist du dann wieder dran?

Ostrowski: Nein, ich habe das schon dreimal gemacht. Das ist genug. Ich finde es in Ordnung. Eine schöne Aufgabe, aber…

Rubey: Dreimal schon?

Ostwrowski: Ja, beim ersten mal bin ich da so hinein gerutscht, drei oder vier Wochen vor der Verleihung. Beim ersten Mal war das noch die alte Variante vom Amadeus. Beim zweiten Mal dann haben sie die Awards radikal verändert, mit einem Fokus auf österreichischer Musik. Das fand ich unterstützenswert. Beim ersten Mal war Pink der "Best International Star" und man bekam nicht einmal ein Interview mit ihr. Was soll man da schon groß machen…

Zu euren Gemeinsamkeiten – Ihr habt beide mit b>David Schalko gearbeitet, den wir im September interviewt haben. Ich möchte euch gerne dieselbe Frage wie ihm stellen: Sport?

Ostrowski: Haha! Sport?

Rubey: Der David Schalko ist übrigens ein guter Fußballer. Das traut man ihm gar nicht zu. Ich habe in meiner Jugend sehr ernsthaft Basketball gespielt, fällt mir zu Sport ein.

Ostrowski: Also ich habe in meiner Jugend auch viel Sport gemacht. Und dann komplett aufgehört, mit dem Studium eigentlich. Aber ich finde Sport total wichtig (allgemeines Gelächter). Und ich habe mal einen Fußballfilm gedreht, über meine eigene Mannschaft, so eine Halb-Doku. "The Making of Football" heißt die. Und in "Die Werkstürmer" gibt es eine Szene, in der wir beide gegeneinander Fußball spielen.

Rubey: Meine Tochter ist sportbegeistert, fällt mir da noch ein…

Ich frage natürlich, um euch zu verwirren. Jetzt ist das Essen fertig.

Ostrowski: Ich kann leider nicht so viel essen. Heute Abend spiele ich Theater. Da muss ich mich ausziehen.

Rubey: Du ziehst dich ziemlich gerne aus, oder?

Ostrowski: Ja sehr gerne, fast immer. Genau. Mahlzeit.

Im österreichischen Film wird das Thema Sport eigentlich sehr wenig verarbeitet?

Rubey: Es ist auch schwierig, gute Sportfilme zu machen. Über Sportverbände könnte man vielleicht mal einen Tatort drehen, einen gut recherchierten, über Korruption oder so. Was Skifahren angeht, glaube ich, dass der Sport durch den ORF so präsent ist, dass ein Film schon wieder öd wäre, abgesehen davon, dass Skifahren außerhalb Österreichs kaum jemanden interessiert.

Ostrowski: Ich finde, der Haneke sollte einen Skifilm machen. Dann haben wir eine Chance, dass das Thema auch einmal aus Österreich herausmarschiert. Aber ich glaube es ist schwierig, einen guten Sportfilm zu machen. Es gibt ein paar Fußballfilme, die ok sind. Aber einen richtig guten, habe ich noch nie gesehen. Dafür braucht man vielleicht auch gute Sportler, die gleichzeitig Schauspieler sind. Ich schreibe übrigens gerade an einem Fußballfilm über eine Homeless-Mannschaft. Aber über ungelegte Eier soll man nicht so viel reden.

Reden wir halt über das Schreiben. Schreibst du eigentlich auch, Manuel?

Rubey: Also bei Fauner Consulting habe ich ein bisschen mitkonzipiert. Mit dem Thomas Stipsits habe ich ein Kabarett-Programm geschrieben, und jetzt schreiben wir gerade an einer Sitcom. Also ich würde mich nicht als Autor bezeichnen, aber das Schreiben wird für mich immer wichtiger. Im Moment macht es mir wahnsinnig viel Spaß, eigentlich am meisten.

Mit eurem Kabarett-Programm "Triest" seid ihr schon recht lang unterwegs, oder nicht?

Rubey: Ja das läuft schon eine Weile. Ich wundere mich auch immer wieder, woher die Leute kommen, aber sie kommen immer noch.

Warum gibt es im Kabarett und generell im humoristischen Fach eigentlich fast nur Männer, sagen wir 90 Prozent?

Ostrowski: Ich kann nicht für Frauen sprechen, wäre ja sinnlos. Aber es gibt auch viele gute Frauen. Oft trauen sich Männer wahrscheinlich eher was zu.

Rubey: Vielleicht sieht man Frauen einfach nicht so gern dabei zu, wie sie hässlich sind. Das wäre eine Theorie. Und vielleicht schreiben einfach mehr Männer als Frauen. Ich merke das selbst beim Schreiben. Es ist schwierig, als Mann gute Frauenrollen zu erfinden. Frauenrollen bleiben dann oft abziehbildhaft.

Muss man dann mit Frauen schreiben?

Rubey: Ja, das wäre wohl ein Ansatz. Ich bin eh ein Freund vom gemeinsamen Schreiben.

Findet ihr, dass es in den letzten 15 Jahren einen ganz prägenden, für die Generation definierenden österreichischen Film gab? So wie vielleicht „b>Hinterholz 8 oder „b>Indien davor?

Ostrowski: Schwer für mich zu sagen, weil jede Generation ihre eigenen prägenden Filme hat.

Rubey: Ich finde es ganz interessant, dass sich so eine Art Doppelkultur in den letzten zwanzig Jahren herausgebildet hat. Das eine ist der sogenannte Kabarettfilm, und das andere ist vereinfacht das Gemeindebaudrama. Und dazwischen gibt es irgendwie nichts. Das ist etwas, dass ich z.B. an dir total schätze [zu Ostrowski], dass du da Hoffnung machst, dass es da auch mal was anderes geben kann, mit der "Entführung der Elfriede Ott". Mir fehlt im österreichischen Film zum Beispiel die Bürgerliche Komödie total. Da heißt es immer, es gäbe dafür kein Publikum. Dabei werden so viele Filme gemacht, für die es auch kein Publikum gibt. Und ich habe das Gefühl, da gibt es ein Kastldenken. Da ist diese totale Festivalpolitik à la „Wir machen Kunst“, und dann gibt es den Kabarettfilm, der zum Teil auch wirklich schlecht gespielt ist. Das ist das einzige, was mir dazu wirklich einfällt. „NordRand“ fand ich recht prägend. Alles was danach kam, hat mich fast gelangweilt.

Was wäre denn eine gute bürgerliche Komödie, die du dir in etwa für Österreich wünschen würdest?

Rubey: Ich glaube, dass der Wiener Humor einem Woody Allen nicht unähnlich ist. Dieses Subtile um die Ecke, leicht Morbide und alle sind irgendwie neurotisch. Da gibt es ein großes Potenzial denk ich. So eine Bobo-Komödie, die wirklich in der urbanen, gebildeten Schicht angesiedelt ist, die fehlt mir zum Beispiel.

Siehst du das ähnlich?

Ostrowski: Also bei mir war es 1999 auch so, dass mir ein Genre fehlte, das von Leuten erzählt, die meinen Humor teilen. Also schreibe ich einfach selbst ein Drehbuch, dachte ich mir. Deshalb habe ich „Nacktschnecken“ geschrieben. Da hatte ich Glück, dass der Michael Glawogger gefunden hat, das sei ein gutes Drehbuch. Lang hat nämlich überhaupt niemand gefunden, das sei ein gutes Drehbuch. Wir sind da richtig angefeindet worden. Ich denke schon, dass wir damals einen neuen Ton gefunden haben. Das war kein Kabarettfilm und kein Gemeindebaudrama. Es war sogar ein Erfolg, der Bedarf war da. Deshalb habe ich eigentlich angefangen, Drehbücher zu schreiben, mit einer neuen Sprache, die sich einfach abgehoben hat, von den Sachen davor. „Indien“ zum Beispiel war ein super Film, aber jede Generation macht eben etwas eigenes.

Liegt das mit der mangelnden Vielfalt vielleicht an den Förderstrukturen beim österreichischen Film?

Rubey: Ich glaube in den Fördermodellen gibt es immer noch sehr viel Klüngeldenken und Seilschaften. Das liegt am System. Es ist doch bizarr, das Regisseure über Förderungen für andere Regisseure entscheiden. Da gibt es zum Beispiel in Skandinavien viel bessere Modelle als in Österreich. Zum anderen glaube ich, dass die Presse einen Teil der Schuld trägt. Ich glaube, dass die wenigstens Filmschaffenden, sich irgendwelche Etiketten umhängen würden. Das passiert eher von Außen.

Ostrowski: Ich finde generell, dass der Diskurs über Film auf einem sehr niedrigen Niveau stattfindet. Das muss man wirklich sagen. „Wie wir leben sollen“ von David Schalko zum Beispiel – weil wir da zufällig beide mitgespielt haben – der wurde vernichtet, auf unterstem Niveau. Und so läuft es in Österreich immer. Entweder du wirst total gehypet oder du wirst niedergesenst, aber total. Ich habe das so oft erlebt, selbst in Blättern, die man eigentlich selbst sehr gerne mag wie dem Standard. Da musst du schon ein hartes Rückgrad haben, um durchzumarschieren und dein Ding durchzuziehen. Meist kriegst du auch von der „guten“ Seite die vollen Watschen, weil du dich angeblich plötzlich dem Kommerz auslieferst. Schlimm. Und dann macht der David Schalko „Braunschlag“, und alle finden ihn plötzlich wieder großartig.

Bild(er) © Matthias Hombauer, Ph.D.
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