Marmelade für alle

Auf Facebook pro Woche genau einen Eintrag posten oder auf Twitter nur einmal seine Meinung kundtun? Ein Youtube Video in sieben Tagen ansehen? Genau das ist das Prinzip hinter This Is My Jam – einer neuen Website aus London, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Suchen und Finden guter Musik zu vereinfachen.

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Das Prinzip hinter This Is My Jam klingt einfach. Man legt einen Account an und spätestens alle sieben Tage postet man seinen aktuellen Lieblingssong. Von Youtube, Soundcloud, Last.fm oder lädt auch selbst ein MP3 hoch. Hat man gerade Spaß am Formulieren, verfasst man ein paar Wörter zum Song, kleckst eine Farbe drauf – Marmelade fertig. Anderen Leuten kann man folgen, das Schneeballsystem ist von Twitter und Facebook bekannt. So ergibt sich ein täglich wechselnder, maßgeschneiderter Wurlitzer. TIMJ spielt dabei mit dem analogen Charme der Begrenztheit. Dem digitalen Overkill kontert man mit einem einzigen Lied – der eine Song, den man an diesem Tag wie sein T-Shirt trägt. Was eben gerade passt, aber zurück und sich nochmals umziehen – das gibt es nicht.

Die Idee zur Marmelade

Matt Ogle, ein Mitglied des Teams hinter TIMJ, wollte etwas schaffen, das "unkompliziert funktioniert und einfach ein, zwei Dinge wirklich gut beherrscht." Inmitten des digitalen Musikozeans soll das Service das mit Herzblut gestaltete Mixtape sein.

Zu viert versucht die TIMJ-Crew von London aus, das nächste große Social Media-Add-On zu werden. Der Kanadier Ogle sieht den Song als die kleinste verständliche, musikalische Währung – das „Musikatom“. Der Trend würde im digitalen Musikzeitalter Richtung Entdecken zeigen. "Wenn es immer mehr Musik gibt, die man jeden Moment haben kann, stellt sich doch die Frage: was höre ich mir an?" Während Spotify diese Frage mit einer Unmenge an kalibrierten Daten zu lösen versucht und mit Playlists ein paar Breschen ins Dickicht der digitalen Fülle schlagen will, setzt TIMJ auf Vertrautheit und Freundschaft. Für Ogle sind "Freunde, einfach immer noch die beste Möglichkeit sind, neue Musik zu entdecken. Genau das steckt hinter TIMJ." Der Unterschied zu Facebook ist, dass Katzen- und Babyfotos hier nicht verbreitet werden können. Musik. Das ist es.

Der eine Song

TIMJ versucht dabei, an gute, ältere Ideen anzuknüpfen. Ogle schwärmt etwa von Myspace: "Der MySpace Player hatte auch einmal dieses Limit, dass man nur einen Song wählen konnte. Und den zu ändern, war dann schon eine bewusste Entscheidung."

This Is My Jam möchte eine Fläche bieten, auf die man seine eine individuelle musikalische Identität projizieren kann. Diese erhält Kontur durch Reduktion. Im Gegenzug kann man eintauchen in die persönlich kuratierte Palette aktueller Lieblingssongs; man stöbert, staunt, klickt follow und unfollow und wird zum Partikelchen der musikalischen Schwarmintelligenz. Twitter und Facebook können damit natürlich auch gefüttert werden. Doppelposts sind nicht nötig. Die Macher setzen auf funktionale Schlichtheit, im Namen und Design. Gründer Ogle kommt wie Kollegin Hannah Donovan von Last.fm. Dort war das nicht immer so.

Noch befindet sich die Website im Beta-Stadion und gibt sich verschlossen, wenn es um Nutzerzahlen geht. Man weiß nur, dass vor kurzem die 300.000 Jam-Marke überschritten wurde und zum Jahreswechsel 10.000 User dabei waren.

In England sind bereits die BBC oder das All Tomorrows Parties Festival auf den Zug aufgesprungen. Auch Trendsters wie Art Brut oder der Regisseur Edgar Wright sind dabei. Und Matt Ogle denkt schon über kommerzielle Nutzung, Werbemöglichkeiten oder ein Bezahlservice nach. Bevor es soweit ist, kann man sich aber noch unterhaltsamen gratis Jamsessions hingeben.

Natürlich muss auch The Gap bei jedem neuen Scheiß mitmachen: www.thisismyjam.com/The_Gap

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