Mavi Phoenix wurde in kürzester Zeit zur großen Nachwuchshoffnung. Letztes Jahr war ein Album beinahe fertig. Mit dem Coming-out als Mann wurde es komplett umgearbeitet. Jetzt ist sein Debütalbum »Boys Toys« erschienen. Im Interview mit Stefan Niederwieser spricht Mavi Phoenix darüber, warum das Album jetzt Sinn macht, was es mit dem dafür erschaffenen Charakter auf sich hat und warum er sich als Feminist bezeichnet.
Deine Stimme ist oft verzerrt. Warum?
Ich glaube, ich habe nie gemocht, wenn ich auf Songs zu weiblich klinge. Ich weiß, jetzt klinge ich auch wie eine Frau, ich wollte aber immer verstecken, wer ich bin, weil ich mich eigentlich nicht mag. Das ist voll therapeutisch und psychologisch. Aber ich glaube, dass sind dieselben Gründe, warum ich mich nie mit einer Gitarre hingestellt habe.
Machst du selbst Witze über das Thema?
Ich nehme mir das manchmal heraus. Ich will das brechen, dass es so ein Tabuthema ist. Mein Gott, es gibt alles auf der Welt. Frauen, die lieber ein Mann sein wollen, Männer, die lieber eine Frau sein wollen, und Leute, die sich überhaupt nicht einteilen wollen.
Was hat dich eigentlich angetrieben, deine erste EP zu veröffentlichen? Du warst damals noch in der Schule.
Ich weiß nicht, ich habe nicht nachgedacht. Ich glaube, das ist eine meiner Stärken. Ich bin normalerweise sehr in meinem Kopf drin. Aber ich habe gespürt, dass ich ein Talent habe, auf das ich vertrauen kann. Du bist einer der wenigen, der das früheste Material kennt. Die meisten sagen, der erste Mavi-Release ist die EP mit »Aventura«. Davor habe ich wirklich alles selbst gemacht, produziert, aufgenommen, geschrieben, gemischt bis hin zur Veröffentlichung als free download.
Wie hast du dir Musik beigebracht?
In »Garage Band« gab es vorgefertigte Loops. Ich habe Drums, Pianos, Gitarren druntergelegt und bin besser geworden. Mit 16 Jahren habe ich Simon Herzog über Facebook angeschrieben, weil er Left Boy produziert hat und ich selbst nicht mehr weiterkam. Er hat mir Stunden gegeben. Ich habe an Songs gearbeitet, alles gemacht, er hat Inputs gegeben. Wenn du als Kind einen Song im Radio hörst, denkst du dir, da ist Magie dahinter. Aber so schwierig ist es nicht (lacht). Und dann trennt sich halt die Spreu vom Weizen. Es wirklich gut machen, ist dann wieder schwierig.
Du hattest in Linz keine Szene, um anzudocken.
Nein, überhaupt nicht, ich hatte keine Clique. Das war okay, ich wusste, ich bin anders (lacht). Erst in Wien habe ich eine Musikszene entdeckt. Das hat mich sogar geschreckt. Mein Manager hat mich in Linz mit Alex The Flipper verlinkt, der war auch alleine, auch er wollte vom Hip-Hop weg und poppiger und elektronischer werden.
Deine Einflüsse kamen aus dem Internet?
Ja, jedenfalls Internet, ich war immer im Internet, ich bin immer im Internet. Left Boy hat mich damals sehr inspiriert, er hat genau das gemacht, was ich wollte, auf Englisch, cool, do-it-yourself, und er zieht es einfach durch.
Mit wem kollaborierst du?
Alex The Flipper ist überall dabei. Ich vertraue ihm und finde ihn saucool. Für das Album habe ich noch mit Nvdes aus L.A. zusammengearbeitet, außerdem mit Jakob Rabitsch, dem Sohn von Thomas Rabitsch, und mit RIP Swirl aka Luka aus Berlin, der schon bei »Yellow« mitgeschrieben hat.
Was kann ein Major, was ihr nicht könnt?
Sie haben Geld, sie sind eine Bank. Ich hätte ja unterschrieben, aber die Deals waren nicht gut genug. Wenn ich einen Deal unterschreibe, wissen meine Fans, dass ich keine Kohle mehr habe (lacht). Meine Manager und ich haben LLT Records 2017 gegründet. Wir wollen independent bleiben, viel geht übers Internet. Dort habe ich mich so schnell wohlgefühlt, sodass es den Wunsch nicht gab, bei einem Major zu unterschrieben.
Handeln manche deiner Songs auch von der Welt da draußen.
Ich finde, man merkt, dass ich ein Kind dieser Generation bin, dass ich in meinen 20ern bin. Ich habe den Vibe der Welt aufgeschnappt, eine Trostlosigkeit (lacht). Cloud-Rap war sehr nihilistisch und sehr dadaistisch, man weiß nicht, was man tun soll. Da habe ich mich voll wiedergefunden. Mit Fridays For Future merkt man wieder, die Jugend macht was. Auch in meiner Musik geht es nach vorn, sie ist aggressiver und will etwas. Man steht dazu, dass man eine bessere Welt will. Es gibt sogar Zeilen zum Klimawandel, wo man den Spirit spürt. Es geht arg zu in der Welt und man weiß nicht, wo es hingeht.
»Boys Toys« von Mavi Phoenix ist bei LLT Records erschienen. Die Livetermine für Ende des Jahres lauten: 14. November, Wien, Arena — 26. November, Graz, PPC — 27. November, Ebensee, Kino — 2. Dezember, Salzburg, Rockhouse — 3. Dezember, Innsbruck, Treibhaus.
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