Musik ohne Visuals ist wie TV ohne Bild

Eva Fischer – Kuratorin und Organisatorin des Soundframe Festivals für audiovisuelle Kultur – offenbart im mittlerweile vierten Jahr dem Publikum das enorm breite Spektrum des interdisziplinären Diskurs zwischen AV-Act, Live-Tagging und Videomapping unter dem Themenschwerpunkt „Dimensions“.

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Seit einiger Zeit reicht es dem tanzwütigen Publikum nicht mehr, bloß von Stroboskop und bunten Lasern auf der Tanzfläche angeheizt zu bekommen. VJs oder besser gesagt Visualisten haben im Club die Aufgabe mit unterschiedlichsten Herangehensweisen die Atmosphäre mittels Lichtquellen zu erzeugen und zu gestalten. Das Soundframe Festival hat es sich seit 2008 zur Aufgabe gemacht, dieses Zusammenspiel aus elektronischer Musik und Visuals in jeglicher Ausformung näher auszuleuchten. Dieses Jahr setzt man sich unter dem Motto „Dimensions“ mit dem Raum an sich und räumlichen Strukturen auseinander. Vorrangig geht es 2010 um sogenanntes Videomapping. Hierbei handelt es sich um eine vergleichsweise junge Technik der visuellen Kunst, bei der eine spezielle Software die Oberfläche eines Gegenstandes abfilmt und auf die einzelnen Flächen Projektionen geworfen werden. Weg also von der klassischen Leinwand, hinein in den dritten Raum.

Kunst und Kommerz

Da im Clubkontext allerdings nur sehr selten Geld für derartige raumgreifende Projekte zu Verfügung steht, als auch der Anteil im klassischen Kunstbereich schwindend klein ist, ermöglichen es den Künstlern oft nur Privatkunden mit ausreichendem Budget, große Installationen und aufwendige Projektionen zu realisieren. Bleibt da nicht der künstlerische Aspekt auf der Strecke? Es sei eine Gradwanderung, meint Eva Fischer, Chefkuratorin des Soundframe Festivals. Der Kunde hat gewisse Vorstellungen, die verwirklicht werden sollen. Dadurch können die einzelnen Künstler oder Design-Studios aber auch Ideen umsetzen, die aus der eigenen Tasche normalerweise nicht finanzierbar wären. Die daraus gewonnenen Erfahrungen können wiederum in eigene Kunstprojekte einfließen, in denen man sich dann austoben kann. Natürlich funktioniere es auch andersrum: Je mehr Eigenproduktionen der Künstler vorweisen kann, desto höher stehen die Chancen an einem lukrativen, kommerziellen Projekt mitzuwirken und die Spirale dreht sich auf’s Neue.

Es entsteht also ein zweiseitiger Weg des gegenseitigen Befruchtens, wobei die Finanzierung nicht außer Acht gelassen werden darf, da die benötigte Hardware oft sehr kostspielig ist, wenngleich Softwareprogramme wie MAX/MSP oder VVVV auf dem Open-Source-Prinzip beruhen. Natürlich gibt es aber auch Medienkünstler, die noch nie einen kommerziellen Job angenommen haben. Der Prozess, in dem Projekte und Projektionen ganz in Eigenregie ohne finanzielle Unterstützung von Außen entstehen, kann dann durchaus länger dauern. Der Erfolg bleibt aber meistens nicht aus. Betrachtet man zum Beispiel eine der jüngsten Ausformung der Visualsierung, nämlich das „Lightwriting“, wird einem gut vor Augen geführt, wie diese auch kommerziellen Anklang finden kann. Basierend auf einzelnen Fotos, die 30 Sekunden lang belichtet werden, wird während dieses Zeitfensters mit einer Lichtquelle (zum Beispiel einer Taschenlampe) in die Luft gemalt. Anschließen werden die Bilder dann zu einem Video zusammengefügt, wie etwa in einem vorweihnachtlichen Werbespot des Mobilfunkers A1 ansehnlich veranschaulicht wurde. Ebenso sind die mehr und mehr im Alltag aufleuchtenden LED-Wände ein Beispiel dafür, dass die technischen Möglichkeiten die aus dieser Kunstrichtung kommen, im öffentlichen Raum zunehmend für Werbezwecke verwendet werden.

Crossmediale Ausformung

„Wir hatten nie den Anspruch, ein Festival nur für Visual Art zu machen“, fügt Eva Fischer energisch an. Intermedialität steht für sie im Vordergrund. Es gehe um die Verbindung, um das Zusammenspiel aus Licht und Ton, wodurch wiederum Neues entstehen kann und das sich gegenseitige Beeinflussen wiederum andere Kunstrichtungen in ihrem Werdegang beflügeln kann – wenn nicht sogar ganz neue Kunstzweige daraus resultieren. Wie es sich etwa in dem eindrucksvollen Video des audiovisuellen Liveacts Atom andeutet, der aus Musiker Robert Henke (Monolake) und Christopher Bauder besteht, in dem zum Rhythmus der Musik 8 x 8 Lufballons gefüllt mit LEDs im Raum synchronisiert bewegt werden. Durch zunehmende Reizüberflutung aus der urbanen Umwelt ist das Publikum nicht mehr so einfach zufriedenzustellen wie in den goldenen 90er Jahren der Mega-Raves, wo Nebel und Stroboskop zu industriellen Technobeats bereits die Erfüllung bedeuteten.

Quo vadis, Sound:Frame?

Von einem Insidertipp hin zu Europas größtem audiovisuellen Festival hat es nicht mal vier Jahre gedauert. „Wir haben mittlerweile eine Dimension erreicht, in der der organisatorische Aufwand enorm ist“, so Eva Fischer auf die Frage, wie sich ein derartiges Festival auf die Beine stellen lässt. Zum ersten Mal wurde ein Businessplan erstellt und die Aufgaben unter den Mitarbeiterinnen klar aufgeteilt, wodurch auch für die Initiatorin kleiner Verschnaufpausen entstehen, wenngleich diese auch mehr als spärlich gesät sind. Die Mitwirkenden arbeiten alle meist ehrenamtlich und aus Spaß und Freude an der Sache oder manchmal geringfügige Bezahlung mit. Trotzdem würde es ohne Förderungen von Seiten der Stadt Wien und Departure, die Projekte im Bereich der Creative Industries unterstützen, nicht so reibungslos funktionieren. Das über die Jahre entstandene und gut geführte Netzwerk trägt natürlich auch seinen Teil dazu bei, dass das Festival von Jahr zu Jahr an Publicity und Ruhm gewinnt.

Eva Fischer ist sich insofern sicher, dass auch dieses Jahr die Erwartung seitens der Künstler als auch der Besucher erfüllt und von denen des Vorjahres übertroffen werden. Das neue Büro, die Schnittstelle zwischen Presse, Werbung und öffentlichen Anfragen, ist ebenso ein Zugewinn. „Eleven to seven“, antwortet Eva Fischer schmunzelnd auf die Frage, ob sie offizielle Büro-Öffnungszeiten haben. „Von vormittags bis spätabends arbeiten ich und meine Mitarbeiterinnen daran, das Soundframe Festival auch heuer wieder zu einem einzigartigen Erlebnis zu machen“, sagt die Kuratorin mit vollem Ernst. Gewiss wird es das. Und Wien wird heller leuchten als je zuvor.

Das Soundframe-Festival findet vom 26.3. bis zum 18.4. an verschiedenen Locations in Wien statt. Line-up-Höhepunkte sind unter anderem Planning To Rock, Âme und Lusine. The Gap Nummer 105 wird im Rahmen des Festivals releast werden. Jake The Rapper und Channel F werden am The Gap-Floor live spielen.

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