Für Christian Lakatos ist das Urban Art Forms tot. Er macht nächstes Jahr etwas Neues, ausgerechnet mit der Konkurrenz. Ein ausführliches Interview über die österreichische Festivallandschaft und seine Pläne für das Nu Forms Festival.
Das Urban Art Forms wird 2016 nur mehr an einem einzigen Tag stattfinden. In den Wiener Marx Hallen. Das hat der Festival-Platzhirsch Skalar (Nova Rock, Frequency) so angekündigt. Die Szene haben diese Neuigkeiten so aufgerüttelt, dass der langjährige Kopf hinter dem UAF, Christian Lakatos, sich gezwungen sah zu verkünden, dass diese Entscheidung nicht mehr auf seine Kappe geht. Wenig später wurde das Nu Forms Festival angekündigt.
Es war ein turbulentes Jahr. Ein neues, großes Rockfestival – das Rock In Vienna – kam auf die Donauinsel. Der größte europäische Konzertveranstalter FKP Scorpio stieg in Österreich ein. Booker und Promoter wechselten den Arbeitgeber. Österreich bekam außergewöhnlich viel Hip Hop geboten. Und dann beendete das Festivalgelände in Wiesen auch noch einseitig seinen Vertrag mit Skalar und kündigte an, nun lieber mit dem Konkurrenten Arcadia Live arbeiten zu wollen. Damit war eigentlich schon klar, dass sich viele der Festivals in Wiesen eine neue Heimat werden suchen müssen. Wie das Urban Art Forms.
Dass Christian Lakatos nun in Wiesen das Nu Forms Festival machen wird, ist natürlich pikant. Er ist aber beim Interview in den Räumlichkeiten der Arcadia Live sichtlich um Beruhigung bemüht. Er redet schnell und viel. Und man lernt in Österreich im Lauf der Zeit ja viele verpeilte Nasen und selbsternannte Experten für elektronische Musik kennen. Christian Lakatos ist das Gegenteil. Offenbar ist er sehr motiviert. Für das Nu Forms Festival. Aber auch zu erklären, warum es dazu kam.
Brichst du jetzt dein Schweigen?
Ach, Nein. Ich habe ja auch keine negativen Empfindungen. Man hatte einfach verschiedene Interessen. Ich habe das 10 Jahre gemacht und wollte mich ursprünglich ganz aufs Management konzentrieren und gar nicht mehr veranstalten. Sie [Anm. Skalar] haben in Wirklichkeit halt wenig Ahnung von elektronischer Musik, wenn es um Subgenres geht, da wollte ich niemanden hängen lassen. Also hab ich angeboten, dass ich ein Jahr lang jemanden aufbaue, der dann übernimmt, und ich bin raus. Es waren aber wohl zu viele Egos im Spiel, um das anzunehmen. Bis vor Kurzem habe ich nicht gewusst, ob sie das Urban Art Forms überhaupt weiter machen. Nachdem die Marke zu Tode gespart wurde, war sie für mich ohnehin tot. Sie konnten oder wollten es nicht glauben. Wenn man sich jetzt die Rückmeldungen ansieht, empfinden das die Leute auch so. Es gab aber davor schon enttäuschte Erwartungen.
Du meinst heuer schon? Wie das?
Am Anfang hatte das Urban Art Forms in Wiesen ein schöne, große und detaillierte Produktion und wollte Visuals gleichwertig mit der Musik präsentieren. Das ist heute natürlich ein Problem. Es gab deshalb unterschiedliche Antriebe und Intentionen. Und es kommen viele Mosaiksteine dazu, auf die ich im Detail gar nicht eingehen mag. Mir ist der Shitstorm dann nahe gegangen, weil ich letztes Jahr noch verkündet habe, dass wir zurück nach Wiesen gehen und es wieder so wird wie damals. Die Leute dachten, es wird dieselbe Qualität wie früher haben. Das war einfach nicht so.
Du bist ja nicht der erste, der heuer von Skalar weggeht.
Die Situation hat sich verändert. Mir ist Loyalität am Wichtigsten. Ich habe damals im ersten Schritt 50% meiner Firma und letztlich 100% eingespeist und mich für ein Team entschieden. Und da werden Gemeinschaftsentscheidungen getroffen. Wenn ich etwas anders sehe, muss ich mich trotzdem danach richten. Es ist ja kein Geheimnis, 2010 ist das Stromaggregat mit riesigem Schaden abgebrannt. Eine halbe Stunde, bevor wir das Festival aufsperren wollten, plötzlich alles puff, weg. Fast alle Geräte sind dran gehangen und jedes ohne eine eigene Sicherung ist gekillt worden. Beamer, Moving Heads, Laser, alles. Die Bogners [Inhaber des Wiesen Festivalgeländes] haben in Deutschland ganz kurzfristig ein ähnliches Aggregat aufgetrieben. Ich dachte ok, die relativ teure Versicherung wird das schon zahlen. Ihr Gutachter meinte dann aber, wir würden eine Kleinstbauteileversicherung brauchen, keine Elektronik-Versicherung. Und hat natürlich nichts gezahlt. Da hat mich die Alserstraße [Anm. Synonym für Skalar] gerettet. Und damit hat sich für mich kaum merkbar das Verhältnis verschoben und war nicht mehr auf Augenhöhe.
Also jetzt ein neuer Partner.
Naja, Filip [Potocki] und ich haben schon während des Studiums zusammen gearbeitet. Der Uli [Hilger] hat bei UAF Music Management schon Accounting gemacht. Mit dem Bernhard [Kaufmann] hab ich für Album-Promotion zusammen gearbeitet. Ich mach seit 8 Jahren elektronische Künstler für Four Artists. Wir kennen uns alle schon lange. Nehmen wir Echo Location Talent UK her, die Bookingagentur von Pendulum, Knife Party, Subfocus, die zu meinen besten Freunde gehören. Die haben mir zehn Jahre lang ihr Vertrauen gegeben. Zu denen sage ich auch nicht, ich bin jetzt weg. Und ich habe immer gesagt, ich werde daran weiter arbeiten.
Damit man versteht, warum Dinge jetzt so sind, wie sie sind, es gibt auch rechtliche Vereinbarungen mit Skalar.
Die Markenrechte von Urban Art Forms liegen in der Alserstraße. Sie können entscheiden, ob sie es machen oder nicht. Ich hätte ohnehin kein weiteres Urban Art Forms veranstaltet und ihnen gesagt, macht damit was ihr wollt. Warum sollte ich mich jetzt negativ damit belasten? Wir machen etwas Neues. Ich bin auch nicht im Schlechten gegangen. Es gab Angebote zur weiteren Zusammenarbeit. Das ist nur an Angebotsfristen für Acts gescheitert.
Was ist eigentlich mit den Umbauten in Wiesen passiert?
Ähm, (zögert), ein Teil der Investition kam von den Bogners, ein anderer Teil von Skalar. Dieser wurde abgebaut. Das ist auch ganz normal.
Warum jetzt Marx Halle?
Das wissen die Götter, und die wissen es nicht. Es hat wohl mit den Agents zu tun, denen man soundso viele Festivals bieten muss. Die Vormachtstellung der Alserstraße war in den letzten zehn Jahren nicht vom Tisch zu weisen. Wenn andere in den Markt drängen, ist es natürlich unangenehm. Einfacher ist es für den Underdog. Ich kenne das vom UAF. Es gab davor nur das Spring Festival. Dann kamen Beat Patrol, Lake, Electric Love. Ich hab diese Situation bei Festivals acht Jahre lang gehabt. Für Harry [Jenner] und Ewald [Tatar] ist das neu.
Weiter zu drei Tage Nu Forms Festival, Rolle der Visuals und Dingen, die man mit Herzblut macht.