Populenz

Phoenix tanzen weg von der praktisch nicht mehr vorhandenen Demarkationslinie zum Mainstreams und treten sich dabei selbst ein wenig auf die Füsse.

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"Headline From This Day On" eröffnet Thomas Mars – gewohnt nasal – den fünften Longplayer „Bankrupt!“ der Grammy-Gewinner Phoenix. Mit dem Vorgänger "Wolfgang Amadeus Phoenix" kam der große Durchbruch jener Band, die im Dunstkreis von Daft Punk und Air ihre Wurzeln hat. Die Bekanntheit eines Festival-Headliners bringt natürlich, neben gewissen Annehmlichkeiten, auch unzählige, neue Wohlstandsprobleme mit sich: „How come everyone knows you before they meet you?“ beklagt sich Mars im, nach einem Parfum benannten, Song „Drakkar Noir“.

Gebettet auf der für Phoenix typischen Mixtur aus treibenden Rhythmen und breiten, überzuckerten Synthieteppichen, berichtet der Frontman außerdem von seinen Querelen – Beziehungen, Zwischenmenschliches, Romantik. Mars sieht überall Verführungen und muss abwiegen, ob sich ein Tête-à-tête auszahlt – „And you can’t cross the line / But you can’t stop trying“. Diese Heart-On-Sleeve-Mentalität bricht nicht gerade oft in Phoenix‘ Texten durch. Meist sind diese eher verschlossen und unnahbar. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass Phoenix sich in Sachen Songwriting durchaus auch als Kollektiv verstehen und die Texte meist collagenartig erarbeiten.

Filmdramaturgie

Das Soundspektrum trägt wieder deutlich die Handschrift von Phillipe Zdar. Zdar sieht sich nicht als klassischen, amerikanischen Produzenten, also als die Person, die morgens als Erster kommt und als Letzter geht, sondern mehr als eine Art Ideengeber, der die Band bei der Hand nimmt: Hier eine Änderung der Struktur, da eine zusätzlich gespielte Hi-Hat. Auch die bereits beim vierten Werk erkennbaren Plot-Points, analog einem Film, sind wieder da. Beispielsweise nimmt der Titel-Track den meisten Platz ein. Der Song bewegt sich von einem rudimentären Beat, begleitet von leisem Gitarrengeflimmer weiter zu einem Justice-esque bruzzelnden Synthesizersound hin zu barocken Klängen, um dann im dünnen Gesang Mars‘ zu münden. Das Ding zeigt die unterschiedlichen Soundschichten, aus denen die Songs von Phoenix nun mal bestehen, auf nunja … nicht gerade eindrucksvolle Weise.

Am meisten California-Sunshine-Feeling kommt im Song „Trying To Be Cool“ auf – ein zurückgelehnter Song. Vor den Augen tun sich protzig polierte Cabrios auf, die auf palmgesäumten Strandstraßen Richtung Sonnenuntergang gleiten. Eine Homage an den 80s Funk von „Get Down On It“. Apropos Hommage, auch der Soundtrack von „Drive“ – für den sich ja bekanntlich auch zu einem großen Teil Franzosen auszeichneten – dürfte Phoenix nachhaltig beeinflusst haben. Vor allem der Track „Bourgoise“ erinnert aufgrund seines Fade-Ins und repetitiven Themas stark an Colleges‘ „A Real Hero“ bzw. Desires‘ „Under Your Spell“. Phoenix Ambitionen scheinen im mit Ideen überladenen „Don’t“ zu kulminieren. Gegen diesen vollgepackten und mit zu vielen Ideen angefütterten Moloch vermag auch nicht das von Mars‘ eigens für "Bankrupt!" erstandene Aufnahmegerät Michael Jacksons, etwas auszurichten.

Phoenix entfernen sich ein wenig von ihren Endorphin induzierenden Songs von "Wolfgang Amadeus Phoenix", hin zu nicht mehr so leicht zugänglichen Sounds. Dies machen sie aber etwas zu überambitioniert – was die mit einem brachial-asiatischen Motiv aufgeladene Vorab-Single „Entertainment“ beweist. Insgesamt erreicht das Album somit leider nicht die Harmonie und Kompaktheit des Vorgängers.

"Bankrupt!" von Phoenix erscheint am 19. April via Warner Music.

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