Mit »Dislocation« setzen Fuckhead dort an, wo man es erwartet: kraftvolle Klänge zwischen Bassmusik und Rock, dazu deutsche und englische Texte, die jede Genrezuweisung verweigern – oder für sich vereinnahmen.
Fuckhead feiern 2018 30-jähriges Bühnenjubiläum. Und wie bei wenigen anderen Bands ist die Bühne ihr eigentliches musikalisches Zuhause – die Performance ist nicht alles, aber ein überdurchschnittlich wichtiger Teil. Das ist auf einem Album natürlich nicht leicht einzufangen. Es gibt nun aber ein neues, und dies bietet immerhin einen digitalen AR-Part für jene, die das Cover mit ihrem Handy scannen.
Musikalisch und inhaltlich setzen Fuckhead mit »Dislocation« dort an, wo man es erwartet – kraftvolle, um nicht zu sagen: rabiate Klänge zwischen Bassmusik und Rock als schroffes, aber stabiles Fundament für deutsche und englische Texte, die jede Genrezuweisung – je nach Lesart – verweigern oder vereinnahmen. Nur Gesang ist das selten. Und fast nichts davon ist ganz eindeutig im Jahr 2017 verortbar, aber es haben sich ja auch die Themen und Probleme nur verschoben und nicht verändert: Es geht um Gesellschaft, Macht, sinnlosen Luxus, Selbsttäuschung, Entfremdung und die der Kunst innewohnenden Methoden, damit umzugehen. Wenig überraschend steht dabei der Körper immer wieder im Fokus.
Zerstückelte Texturen
Zwischen sanft altbackenen Sounds (»Proximity«) – die aber wenig von ihrer Wirkung eingebüßt haben – glänzen ein paar fast schon überraschende Tracks, die an aktuellere musikalische Tendenzen anschließen. Auch wenn dessen Hochzeit knapp zehn Jahre vorbei ist, erinnert »Neuron« in mehrfacher Hinsicht ein wenig an die dunklen organischen Sounds und zerstückelten Texturen eines Milanese. Und »Dark« hat eine durchaus funktionierende Songstruktur.
Insgesamt mag die Kritik an Selfies und anderen Entwicklungen – auch wenn sie wie alles bei Fuckhead nicht eins zu eins und schon gar nicht ohne Humor gelesen werden darf – natürlich ein wenig weird wirken. Die feinsinnige Ausformulierung von Differenzierungen darf man von der oberösterreichen Band aber sowieso nicht erwarten. Mit »Bad Luck« gibt es dann noch mal druckvoll gebrochene Beats, und »Doom« bietet breit österreichische Beschimpfungen durchzogen von Ausländerhass über digital-organischen Sounds. Das kann durchaus zum kleinen Hit werden.
»Dislocation« von Fuckhead erscheint am 15. Dezember 2017 bei Noise Appeal Records. Die Band ist an diesem Tag auch live zu sehen, und zwar in der Stadtwerkstatt in Linz. Die Fotos aus diesem Beitrag stammen vom Konzert in der Grellen Forelle, das am 11. Dezember stattgefunden hat – laut unserem Fotografen Armin Rudelstorfer abermals ein wildes Fest mit Publikumsbeteiligung, viel Nebel und Stroboskop.