Loss & Love

Die Dynamik der Erkenntnis

Georg Altziebler aka Son Of The Velvet Rat lehrt uns auf seinem neuen Longplayer „Loss & Love“ die Einsamkeit wieder zu entdecken. Bitterkaltes als Thema eines nahenden Sommers?

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„Ich hätte das Album gerne noch herausgebracht, als der Schnee noch lag. Aber es passt auch sehr gut in einen heißen Sommer“, erzählt Georg Altziebler. Also stelle ich mir folgendes vor: Die Sonne brennt. Das grüne Gras vergilbt in den städtischen Anlagen. Keine Menschenseele ist anzutreffen, die Straßen verschwinden flimmernd am Horizont. Unendlich weit ist der Weg zur Abkühlung, unendlich auch der Weg zur Erlösung der Seele vor den wiederkehrenden Qualen und Schmerzen. Was nach einem Werbespot für Erfrischungsgetränke klingt, birgt mit dem Album „Loss & Love“ in den Ohren auch die Möglichkeit der Selbsterkenntnis, die den einsam Schwitzenden ganz seltsam lächeln lässt.

Son Of The Velvet Rat verweht die Grenzziehung zwischen dunkler, countryesker Befindlichkeitslyrik und klassischen Singer/Songwriterelementen. Die Einsicht der eigenen Schuld ist immanent zwischen den Textzeilen vorhanden. „Fall with me“ ist ein prägnantes Beispiel für die Unmöglichkeit eines Ausbruchs aus antrainierten Schemata. Jedoch ist nicht alles verloren, wenn eine fremde Schönheit Linderung verschaffen könnte. Selbst das optimistisch titulierte „Sunshine“ trägt die Gewissheit der Schuld in sich. Das hereinbrechende Tageslicht beendet eine Liebesnacht, und somit auch die Liaison und die dadurch erwartete Rettung aus der Einsamkeit.

Diese entrückte Atmosphäre, staubige Kleinstadtgedanken und immer wieder die drückende Schuld erinnern an die Melancholie der Eels und die Authentizität der Two Gallants. Ein Album zwischen dem letzten Besuch am Ozean und der herannahenden Henkersmahlzeit. Die technischen Daten lesen sich unverblümt wie ein Who´s who der amerikanischen Produzentenriege. Ken Coomer, seines Zeichens ehemaliger Drummer von Wilco, setzte dem Werk seinen Stempel auf. „Generell war die Atmosphäre in dem Studio in Nashville sehr familiär.“ Charlie Brocco, der unter anderem mit Größen wie B.B. King und den Talking Heads zusammen gearbeitet hat, stellte überall im Studio Kerzen auf, um die Stimmung der Werke besser einzufangen und verarbeiten zu können. Abschließend bleibt der Eindruck, dass sich Son Of The Velvet Rat in seinem, und damit in jedem, Kopf auskennt und die menschlichen Unzulänglichkeiten in 3 Minuten prägnant zu umschreiben vermag. Der Weg scheint unendlich lang, die Zunge klebt am Gaumen und die Geliebte wurde jüngst verlassen. Da bleibt die Schlussfolgerung, dass die Rettung niemals eintreffen wird und die einzige Heilung in der Erkenntnis des eigenen Unvermögens liegt. Johnny Cash lässt grüßen.

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