Zeichenstunde

Mit Tagtool wird das iPad zum Live-Instrument für Visualisten. Die Macher sind professionell geworden, von Open Source und DIY in den Apple-Store, in drei Jahren hat man rasant dazugelernt, gefördert durch die Wiener Kreativagentur departure.

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Um 2007 herum machte eine neue Form der Street-Art die Runde. Hauswände wurden mittels Beamer zu temporären Leinwänden umfunktioniert, diese mit Controller und Stift in Echtzeit bemalt und getaggt. Die Begeisterung war in vielen Kreativbereichen groß, es ließ sich sogar Geld verdienen, aber es waren auch schnell Grenzen erreicht. Bei den Wiener Entwicklern von Tagtool experimentierte man mit diesem intuitiven System für Visuals, aber ohne Geld für Developer ging und geht es nicht.

Markus Dorninger und sein Team entschieden sich, einen Förderantrag bei departure einzureichen und nicht Investoren oder Business Angels ins eigene Boot zu holen, die bei Fehleinschätzungen oder negativen Kalkulationen Tagtool die Freiheit nehmen könnten. Damit wurde zunächst Grundlagenforschung betrieben. Aus 30 Interviews aus vielfältigsten Anwendungsgebieten wurde ein Maßnahmenkatalog ausgearbeitet. Man wollte einen Hardware-Controller entwerfen. Aber dann kam das iPad. Plötzlich war der Controller überflüssig, das iPad einfach die zukunftsträchtigere Lösung. Das Projekt wurde in Abstimmung mit departure neu ausgerichtet, auf den veränderten Markt reagiert. Von da an stand nur mehr die App im Mittelpunkt.

Lehrgeld

Im ersten Jahr wurde viel Lehrgeld bezahlt, erzählen Markus Dorninger und Matthias Fritz im Interview. Lehrgeld, das aber für den weiteren Projektverlauf extrem wichtig war. Die Patentierung der Software kostete, ebenso jede Schleife in der Entwicklung der Software, jedes Feintuning, jeder kleine Versuchsballon. Man musste an anderen Stellen den Gürtel enger schnallen, um auf Spur zu bleiben und sich genau überlegen, wo man wie viel investieren will. Dem Projektverlauf hat das nicht geschadet, sondern genützt.

Verkauf und Marketing

Kurz vor Weihnachten 2012 war die Tagtool-App dann für knapp 40 US-Dollar erhältlich. In fünf Ländern wurde Platz 1 der Verkaufscharts und in 31 Ländern eine Positionierung in den Top 10 erreicht. Mit ihren Powerusern stehen sie im regen Kontakt, das Feedback auf Facebook lässt auf eine starke Community schließen. Dort finden sich Bilder und Videos von Werken der User, Workshops, von Konferenzenoder Details zu aktuellen Ausstellungen wie jene von Thomas »Keramik« Mock namens »The Forest«. All das trägt zur Verbreitung der Software bei und zeigt die vielfältigen Anwendungsbereiche – vom Theater-Bühnenbild über Interventionen im öffentlichen Raum bis hin zum kreativen Gesellschaftsspiel.

Handhabung der Zukunft

Da es sich bei Tagtool doch um eine komplexere Software handelt, mit der man innerhalb des gleichen Netzwerkes im Team Bilder zeichnen und animieren kann, will das Team in Zukunft neben Tagtool Pro – natürlich samt neuen Features – eine abgespeckte, simplere Version namens Jam als Gratis-App veröffentlichen. Damit dürften viele Leute schnell ihre Freude und auch ihr Auslangen finden. Pro für die Pros.

HINWEIS Diese Artikel ist Teil einer entgeltlichen Kooperation mit departure.

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