Klischees zum Roma gibt es genug. Für ein paar realistische Einschätzungen waren wir mit drei junge Roma aus Wien feiern.
Saška trinke aus gesundheitlichen Gründen seit einem halben Jahr keinen Alkohol mehr. Man könne allerdings nicht sagen, dass man „unter Roma“ besonders gerne oder Spezielles trinke, dies hänge von der Herkunft der jeweiligen Roma-Gruppe ab. So trinke man beispielsweise in Rumänien anderes Feuerwasser als in Serbien oder Ungarn. Alkohol sei aber auch nicht das Nonplusultra einer guten Party — dies hänge von den Leuten, der Musik und der Atmosphäre ab. Und ein paar Packerl Zigaretten dürfen für Samuel nicht fehlen.
Roma-Fest im Amerlinghaus
Dass ihre Identität ein Teil von ihnen ist, zeigen Samuel, Ioana und Saška, indem sie beim Thema „Feiern“ auch auf das einmal jährlich stattfinde Roma-Fest hinweisen. Veranstaltet wird dies im Ammerlinghaus in Wien, dort spielen verschiedene Musiker und es wird viel getanzt, es gibt Lesungen und Theaterstücke, außerdem kann man Bücher kaufen und Teil der Ausstellungen werden, die Leute sind dort bunt durchgemischt, Roma und Nichtroma. Für Saška sei dieses Fest insofern von Bedeutung, da man dort Kontakte knüpfen könne und der Bezug zu den Wurzeln einfach noch deutlicher werde.
Ioana befinde sich noch auf „ Roma-Entdeckungsfahrt“, da in ihrer Familie nicht viel über ihre Identität geredet wird. Daher habe sie erst auf Exkursionen, wie beispielsweise bei der Gedenkfeier in Auschwitz, einen richtigen Einblick in die Roma-Kultur bekommen, habe Roma-Lieder und Tänze gelernt und gemerkt, wie reich und schön diese Kultur ist. Samuel seien Roma-Feste genauso wichtig wie türkische oder serbische Feste, er lerne sogar türkische Lieder auswendig. Gegen mehr Roma-Feste in Österreich hätten aber alle drei nichts einzuwenden.
Diskriminierung, Beleidigung
Die Toleranz gegenüber anderer Ethnien in Österreich wissen die drei sehr zu schätzen: Wohingegen es in Budapest durchaus Clubs gäbe, in denen Roma der Zutritt verweigert werde und auch in manchen serbischen Restaurants Roma als Gäste nicht erwünscht seien, „können wir uns in Österreich sehr glücklich schätzen, dass wir nicht diskriminiert werden“, so Samuel.
Mit dem Begriff „Zigeuner“ wurden aber alle drei schon konfrontiert. Als sie sich das erste Mal „outete“, also von ihrer Roma- Identität erzählte, meinte ein Freund von Ioana scherzhaft „Oh jetzt muss ich aber meine Sachen verstecken!“ Sie weiß, dass es von Freunden nur scherzhaft gemeint ist und nimmt es mit Humor. „Wenn jemand nicht weiß, was er mit dem Begriff „Roma“ (mit dem viele oft fälschlicherweise das alte römische Reich verbinden) anfangen soll, bin ich ganz konkret und sage: Ja weißt eh, so Zigeuner.“
Sowohl für Ioana, als auch für Saška sei es aber ein befreiendes Gefühl gewesen, als sie erstmals im Freundeskreis oder in der Schule über ihre Identität sprachen. Saška habe es mithilfe von Referaten über Roma im Unterricht erwähnt und von allen Seiten positive Reaktionen bekommen. Samuel fing im Teenager-Alter an, seine Identität als Teil von ihm zu sehen und „outete“ sich erstmals im Turnunterricht, als ein Mitschüler den Begriff „Zigeuner“ als Schimpfwort für jemand Anderen verwendete. „ Ich finde das nicht in Ordnung, dieser Ausdruck verletzt mich“, mit diesen Worten vertrat er selbstbewusst seinen Standpunkt und sorgte damals für Klarheit. Mittlerweile wissen alle Freunde über seine Identität Bescheid und Sami verwendet selbst manchmal scherzhaft die Bezeichnung „Zigo“, wenn er über sich spricht.
Halloween als Heinz Fischer
Es ist bemerkenswert, wie sehr die drei zu ihren Wurzeln stehen. Sie stellen ein großes Vorbild für die künftige Roma-Generation da, die vor allem durch die jungen Leute immer weiterentwickelt wird. Und dass die Roma-Kultur eine sehr offene ist, zeigt sich am Beispiel Halloween, bei der Samuel als Heinz Fischer mit Österreichbanner und Saška als Wednesday von der Addams Family verkleidet waren.
Fest steht also, Feiern ist in jeder Volksgruppe ein wichtiges Element und gehört einfach zum Alltag dazu. Egal, woher man stammt oder welcher Volksgruppe man angehört, beim Fortgehen überwindet man Sprachbarrieren und alteingesessene Vorurteile. Immerhin haben Japaner und Venezolaner genauso viel Spaß auf dem Münchner Oktoberfest wie die Deutschen am Ballermann auf Mallorca und die Italiener auf der Reeperbahn in Hamburg.