Tante Ceccarelli hat mich zur Musik gebracht

Wanda sind immer noch die Band der Stunde. Fünf Monate nach Veröffentlichung ist "Amore" immer noch in den Top 40, mittlerweile endlich auch in den Top 10. Wir haben mit Sänger Marco Michael Wanda über alles geredet. Wirklich alles.

Der zweite Bezirk ist so deine Hood, oder?

Ja, ich hab so ein bisschen Wurzeln hier, war immer gern im Zweiten. Ich hab das Lokal hier so als mein Stammlokal entdeckt. Ich mag das, hier ist halt niemand. Ich mag gerne Lokale, wo niemand ist. Ich pflege sehr gerne Beziehungen zu Kellnern und Kellnerinnen, ich mach das gerne.

Also die hippen Lokale im Vierten oder Sechsten sind nicht so deines?

Nein, das mag ich nicht. Ich mag gern so richtig tiefe Absteigen. In so alten Unterklasse-Beisl geht’s schon immer darum: Wenn man etwas Philosophisches ausstrahlt, was Begeistigtes, Grantiges, dann hat man es sehr nett. Wenn man nicht philosophisch veranlagt ist, fällt man halt auf und wird mitunter schikaniert. Ich mag dieses Spiel. Es gibt Beisl, die sind fast wie ein Stierkampf. Wenn der Stier die Angst sieht, dann bist halt im Arsch.

Aber das ist auch wieder so ein bisschen ein Austropop-Klischee, hat so ein Ambros-"Wie wird des weitergehn"-oder-"Espresso"-mäßiges.

Ja, ist es halt alles relativ durchorganisiert und hübsch. Ich mag’s nicht immer hübsch, es kann ruhig ein bisschen gefährlich sein.

Letztens kam ja auch "Unser Österreich" von Ernst Molden & Der Nino aus Wien raus. Wenn ihr so ein Cover-Album machen würdet, was wäre da unbedingt oben?

Viel vom Hansi Lang. Ich glaub, nur Sachen vom Hansi Lang. Am liebsten würde ich Lieder, die Hansi Lang nicht zu Ende geschrieben hat, zu Ende schreiben und aufnehmen. Ich hab mich auch mit Thomas Rabitsch über den Hansi Lang ausgetauscht. Er hat mir Demoaufnahmen von ihm gegeben, die er am Küchentisch geschrieben hat. So Ideen mit Nonsense-Texten. So etwas würde mich sehr reizen. Aber das ist ein Traum. Wird wahrscheinlich nicht möglich sein, wäre aber spannend. Wenn es einen Film über ihn gäbe, würde ich ihn gerne spielen. So wie Manuel Rubey den Falco.

Am Anfang kamen ja auch bei euch die Falco-Vergleiche, auch durch deine Bühnenperformance. Welcher Falco-Song wäre eventuell auf so einem Album oben?

Gute Frage. Also für mich gibt es nur ein paar Falco-Nummern. Ich find sein Lebenswerk nicht immer unbedingt spannend, aber "Ganz Wien" find ich ganz toll. Hab ich mich der Hallucination Company in der Szene auch schon gespielt. "Zuviel Hitze" auch.

Aber live würdet ihr keine Covers spielen?

Ich glaub nicht. Wir haben einmal "Ganz Wien" in Vorarlberg für ein paar Besoffene gespielt, das war lustig. Die haben auch alle mitgesungen (fängt an, den "Da Da Da"-Teil zu singen).

Auch am Anfang nicht? Hattet ihr, bevor ihr öffentlich aufgetreten seid, schon genügend eigene Lieder?

Ja, immer. Wir haben tatsächlich nur zwei Lieder jemals gecovert. Und das war "Ganz Wien" und "Montevideo" von Hansi Lang. Okay, und so Blues-Standards und Zeug von Ray Charles, weil unser Pianist das halt alles spielen und singen kann. Uns war immer klar, wir haben Lieder, die man spielen kann. Da brauchen wir nichts anderes.

Wie lange habt ihr schon gemeinsam gespielt, bevor Problembär Records auf euch aufmerksam wurde? Laura Landergott von Ja, Panik hat euch ja empfohlen.

Ich glaub, wir haben vorher ungefähr ein Jahr gespielt. Haben begonnen im alten Werk, da hatten wir das erste Konzert. Interessanterweise haben da schon alle die Texte mitsingen können, es war wirklich bummvoll. Das war ein netter Start. Es gab auch schon ein paar der heute bekannten Nummern. "Auseinandergehen" gab’s schon, "Post", es gab so Demoversionen. Im Freundeskreis hat sich das total schnell weitergebrannt. Es hat sich auch rumgesprochen, dass das Ding richtig voll war. Und das zweite und dritte Konzert waren im Einbaumöbel und dann haben wir überall gespielt. Alles gemacht, was so geht. Immer für eine Flasche Whiskey, so auf die Art. Dann kam der Stefan.

Mein erstes Konzert von euch war irgendwann im Rhiz und das zweite dann im Fluc bei der Release-Party von "Schickt mir die Post". Und da war es ja megavoll.

Ganz überraschend, das war unglaublich. Es ging auch über unseren Horizont. Wir hätten vielleicht auch am Anfang schon größere Hallen gebucht, wenn wir das gewusst hätten, was es da für eine Resonanz gibt. Ich find es aber gut, dass wir da gewartet haben, weil ich glaube nicht, dass wir eine gute Band waren vor einem Jahr. Ich glaub, dass wir jetzt erst eine gute Band sind. Überhaupt dieses Warten war ein Schlüssel zum Erfolg. Die Leute nicht quälen mit etwas Unfertigem. Wirklich nur rausgehen, wenn man es tief zu Ende empfunden hat. Das war gar nicht blöd von uns.

Allgemein war die Entwicklung ja so: Wenn man ein Konzert abgemacht hat, hätte man es alle drei Wochen neu verhandeln müssen, um in größeren Hallen zu spielen.

Ja, überall. Das gilt auch für das ganze Jahr. Wir spielen jetzt teilweise Konzerte für eine Kiste Bier, wenn man so will. Weil es halt ausgemacht war. Aber ich find das okay, weil so werden wir zwangsläufig ziemlich am Boden bleiben. Das ist für eine Band gar nicht so schlecht. Bei dem Hype könnte es einen schon fast aus der Kurve hauen.

Wie wirkt man dem noch entgegen?

Indem man sich immer seine Persönlichkeit zum eigentlichen Arbeitsfeld erklärt. Und den Umgang mit anderen Menschen. Indem man sich immer eine soziale Verantwortung bewahrt und an dieser arbeitet. Mehr als an einem Image oder so einem Scheiß.

Also das Image, das ihr von den Medien bekommt, ist euch eigentlich relativ egal?

Ja, schon. Uns berührt das auch alles nicht so wirklich. Wir freuen uns, es ist natürlich schön, wenn man Erfolg hat. Vor allem in der Gruppe. Da gibt’s ja Studien, reihenweise wissenschaftliche Arbeiten, dass Menschen, die in einer Gruppe Erfolg haben, ein irrsinniges Glücksgefühl erleben. Das ist schön. Dinge wie Ruhm, Anerkennung, Amadeus, Ö3, Goldene Schallplatten oder was auch immer sind nicht so wichtig. Wir sind Punks. Uns geht’s darum, dass ein paar Leute für eineinhalb Stunden ein gutes Leben haben. Wir müssen nicht mal nachdenken, wir müssen nur empfinden. Gedanken sind die Schatten der Empfindungen. Eine Gesellschaft verändert man nur durchs Empfinden. Wer seine Empfindungen schult, wird etwas zur Gesellschaft beitragen.

Tretet ihr beim Amadeus auch auf?

Ja. Wir spielen "Bologna". Irrsinnig nett, hab mich sehr gefreut.

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Bild(er) © Wanda: Florian Senekowitsch / Wolfgang Seehofer, Ort des Interviews: Dominik Oswald
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