In eine ehemalige Botschaftsvilla in Wien-Hietzing, gleich neben dem Tiergarten Schönbrunn, ist nach zwei Jahren Leerstand neues Leben eingekehrt: Das schmucke, von Efeu überwucherte Hofgebäude firmiert neuerdings unter dem Namen Villa Lala und soll – ganz nach internationalem Vorbild – mit seinen Songwriting-Suiten und Studio-Räumlichkeiten ein Ort sein, an dem Musik geschrieben und produziert wird, der vor allem aber auch offen ist für Austausch und Zusammenarbeit.
Eure Eröffnungsfeier im Oktober war ein ziemlicher Erfolg, geradezu überlaufen. Habt ihr es bewusst darauf angelegt?
Elias: Ja. (lacht) Aber es war ein Prozess, der uns dort hingeführt hat. Wie viele Leute kommen, hängt natürlich damit zusammen, wie viele Einladungen man verschickt. Und da macht es einen Unterschied, ob es 100 sind oder 800. Es ist dann halt eher Richtung 800 gegangen.
Matthias: Das war richtig verrückt. Es waren auch Leute aus England hier, mit denen ich zusammenarbeite, und jemand aus Deutschland – die sind extra hergeflogen.
Elias: Speziell für uns war das echt ein arger Moment, weil wir während der Bauarbeiten monatelang nur zu dritt in diesem Riesengebäude herumgegeistert sind.
Wie seid ihr denn zur diesem Haus gekommen?
Matthias: Eigentlich haben wir einen viel kleineren Space gesucht – Studios für Julian und mich, dazu noch ein geteiltes Studio und ein Büro.
Julian: Dezember 2018 sind wir dann zum ersten Mal hier reinmarschiert. Und mit jedem Raum, den wir gesehen haben, mit jedem Stockwerk ist mehr und mehr die Fantasie mit uns durchgegangen … Wir waren relativ schnell committet und haben dann mal für uns überlegt: Wie können wir das Haus für uns adaptieren? Wir haben jetzt plötzlich 14 Räume – was machen wir eigentlich damit?
Matthias: Was cool war, weil es dann auch so eine Entwicklung im Denken gegeben hat: Okay, es könnte noch größer, noch mehr zu einem Kollektiv werden.
Julian: Und, was einer der Unterschiede ist, etwa zu Berliner Einrichtungen, die ähnlich sind: Da es so groß ist, konnten wir nicht nur Songwriting-Rooms und kleine Production-Suiten einrichten, sondern auch – als Herzstück – ein richtiges Studio. Du kannst hier vom Kennenlernen übers Songschreiben und Produzieren bis hin zum Mixen und Mastern alles machen. Außerdem haben wir noch Fotografen und Grafiker hier, Menschen mit Musikbusiness-Know-how. Nicht dass du alles hier machen musst, aber es ist möglich.
Elias: Du brauchst nur von Tür zu Tür zu wandern. Kriegst sofort Feedback. Oder wenn man sich in der Küche trifft … Letztens hat mir etwa ein Musiker, der für eine Session in einem der Räume war, erzählt, dass er rausmarschiert ist, um sich einen Kaffee zu holen, und dann ist da plötzlich Clueso an der Kaffeemaschine gestanden und sie sind voll ins Gespräch gekommen.
Matthias: Das war auch einer der Beweggründe für mich: dass es keinen Space gibt für Newcomer, um sich auszutauschen – etwa mit Leuten, die schon Erfahrung haben in der Musikindustrie. Das bringt so viel, einfach nur ein Gespräch, das kann so anstacheln.
Wie würdet ihr die Idee hinter der Villa Lala beschreiben?
Julian: Als Musik-Hub für Songwriterinnen und Songwriter. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass es in Wien wahnsinnig viele Studios gibt, sehr viele Produktions- und Werbestudios, die einfach sehr bonzig studiolastig sind.
Matthias: Und auch sehr komplex im Umgang.
Julian: Fürs Songwriting jedenfalls gar nicht so passend. Weil wenn du was schreibst, willst du nicht unbedingt in einem fetten Control-Room sitzen, fast ohne Tageslicht. Da brauchst du das ganze Zeug noch gar nicht, sondern du brauchst eigentlich einen schönen Raum, eine gute Atmosphäre, cooles Equipment, das schnell zu bedienen ist. Wir haben das Gefühl gehabt, dass es das in Wien nicht gibt.
Matthias: Ich glaub, dass in den letzten zehn Jahren die Musikszene so explodiert ist, dass die Infrastruktur einfach nicht hinterhergekommen ist. Es gab noch nicht diesen Ort, der mitgegangen ist, mit diesem Riesenboom. Und ich glaub, es braucht einfach auch die Infrastruktur, damit es sich noch einen Schritt weiterentwickeln kann.
Julian: Matthias und Elias haben international einiges an Erfahrung mit Zusammenarbeit beim Songwriting. In Österreich ist es noch viel mehr so, dass man das alleine macht. Es ist fast ein bissl eine Schande, wenn man dafür Hilfe braucht von jemandem. Dabei ist es das Allergeilste, wenn du mit anderen im Raum sitzt und einen Song schreibst, dir frische Ideen reinholst.
Matthias: Ich hab gemerkt, dass der Boom in Österreich einen Plafond erreicht hat, auch weil das Kollaborative noch ein bisschen zurückhaltend ist. Es gibt keinen Space, wo du dich treffen kannst. In L.A., Berlin oder Nashville hast du überall Orte dafür. Dort trifft man sich – und es entstehen Sachen.
Julian: Anfangs haben wir gedacht, vielleicht wollen die anderen Artists, vor allem die bekannten, eher unter sich bleiben. Aber dann haben wir davon erzählt, etwa mit Leuten von Bilderbuch, Wanda und Leyya geredet und es war so, dass alle uns gesagt haben, sie hätten auch schon das eine oder andere Mal gedacht, dass das eigentlich eine coole Sache wäre.
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