Was ist die Diagonale? – Ein Q&A mit ehemaligen und aktuellen Festivalverantwortlichen

Auch wenn die Wurzeln der Diagonale bis ins Jahr 1977 reichen, als in Velden die »Öster­reichischen Filmtage« ihre Premiere feierten, und auch wenn von 1993 bis 1995 ein weiteres Festival des öster­reichischen Films in Salzburg bereits denselben Namen trug: So wie wir sie heute kennen, fand die Diagonale erstmals 1998 in Graz statt. Damals und in den folgenden Jahren unter der Intendanz von Christine Doll­hofer und Constantin Wulff. Seit 2015 steht mit Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber wieder ein Duo an der Spitze des Festivals. Und die beiden dürfen heuer das 25-Jahr-Jubiläum der Diagonale feiern. Ein guter Anlass, den ersten und den aktuellen Intendant*innen ein paar Fragen zum Festival und zum öster­reichischen Film zu stellen.

Christine Dollhofer

Christine Dollhofer © Violetta Wakolbinger

Wofür steht die Diagonale für dich? Was kann sie leisten?

Die Diagonale ist ein einzigartiger sozialer und film­wirt­schaft­licher Markt­platz und Impuls­geberin für die gesamte österreichische Filmszene, um Schwerpunkt­themen zu verhandeln, Netzwerke zu knüpfen und Austausch zu ermöglichen, sowie Film­premieren und Entdeckungen zu feiern und Versäumtes nachzuholen.

Welche besonderen Heraus­forderungen bringt der Job als Diagonale-Festival­leiter*in mit sich?

Dem österreichischen Film und seinen Akteur*innen eine angemessene Plattform zu bieten und aktuelle filmpolitische Themen aufzugreifen. Dabei den Spagat zu vollführen, all die unter­schiedlichen Interessen, Begehrlich­keiten und Stand­punkte zu berück­sichtigen. Bei der Auswahl der Filme nachvoll­ziehbare Reglements und Argumente zu haben.

Aus ganz persönlicher Sicht: Was war bislang dein erinnerungs­würdigster Festival­­moment?

Es gab viele Sternstunden bei Film­premieren und mit Filmgästen, aber am freudvollsten und aufregendsten habe ich unsere erste Diagonale in Graz im März 1998 in Erinnerung. Aufbruch­stimmung und große Lust auf das heimische Filmschaffen, volle Kinos, Eröffnung in der Grazer Oper, hitzige Diskussionen und ausgelassene Partys im coolsten Festival­­zentrum, nämlich der Thalia. Am turbulentesten war die Diagonale 2000 mit den Protesten ob der schwarz-blauen Regierungs­bildung und am schmerz­haftesten war für mich der Abschied bei der Diagonale 2003.

Wie hat sich deiner Meinung nach der österreichische Film in den letzten 25 Jahren entwickelt?

Der österreichische Film ist international mit dem Prädikat »kreativ, originär und eigen­willig« versehen und ist definitiv selbstbewusster und internationaler geworden. Er ist auch diverser und facetten­reicher geworden, sowohl was die filmischen Formen als auch die Stoffe betrifft. Eine Professio­nalisierung hat auf allen Ebenen stattgefunden, die Digitalisierung hat die Produktion und die Verwertung, aber auch die Rezeptions­möglichkeiten rasant verändert und auch das Produktions­volumen ist enorm gestiegen.

Welche fünf Filme aus Österreich sollte man unbedingt gesehen haben?

Nur fünf? Das ist verdammt schwierig! Daher meine Einschränkung der Auswahl auf fünf heraus­ragenden Kino­debüt­filme aus den 90ern, die bereits die künstlerischen Hand­schriften der jeweiligen Macher*innen eindrücklich aufzeigen. »Halbe Welt« von Florian Flicker, »Nordrand« von Barbara Albert, »Angeschwemmt« von Nikolaus Geyrhalter, »Lovely Rita« von Jessica Hausner und »Die Siebtel­bauern« von Stefan Ruzowitzky.

Christine Dollhofer war von 1997 bis 2003 – gemeinsam mit Constantin Wulff – Intendantin und Geschäfts­­führerin der Diagonale in Graz. Danach leitete sie das Film­festival Crossing Europe in Linz. Ende letzten Jahres übernahm sie die Geschäfts­­führung des Filmfonds Wien.

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