Wenn Wiener Blasen platzen

Wenn es die Musiknation als Popland gibt, sind ihr Elektro Guzzi längst über die Grenze entflohen: Mit menschlichem Maschinen-Techno und einer erstaunlichen Bandbiografie. Für den Gürtelnightwalk taucht das Trio wieder einmal in die Wiener Blase ein.

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Spätestens mit ihrem Debütalbum von 2010 haben Elektro Guzzi gezeigt, wie man geschmacksvollen Detroit-Techno im klassischen Line-Up produzieren kann. Ganz nebenbei ist es Bernhard Hammer, Jakob Schneidewind und Bernhard Breuer gelungen, ihren Sound auf der Bühne der internationalen Discoteque "aufzulegen".

Zwischendurch ging sich für das Wiener Trio noch so einiges aus: Festivalsuperlativen wie das Melt!, Sonar oder Eurosonic, Gigs von Moskau über Japan und Madrid, beziehungsweise Auszeichnungen vom Ebba-Award bis zum FM4 Album der Woche. Bevor der Gürtelnightwalk zum 16. Mal über die Bühne geht, spricht die Band mit The Gap über bisherige Erfolge, die österreichische Szenerie und ihre Ausbrechen aus der "Wiener Blase".

Ihr geltet als die größte Eurosonic-Erfolgsgeschichte aus Österreich. Was hat es euch seit 2012 gebracht? Wie wichtig sind dort der richtige Slot, vorher Leute ködern, netzwerken?

Wir sind zum Eurosonic ohne große Erwartungen gefahren, haben das Festival eher als großes Business-Event wahrgenommen, was dazu geführt hat, dass wir das Festival eher kritisch sahen, und uns nur auf unser Konzert konzentriert haben. Wir hatten mit dem Slot und der Location großes Glück, da anscheinend ziemlich viele Festivalveranstalter da waren. Da dort hauptsächlich Indie-Pop-Rock und Singersongwriter Sachen passieren, sind wir stilistisch wahrscheinlich ziemlich aufgefallen, was dazu geführt hat, dass uns letztes Jahr viele große Festivals gebucht haben und wir noch immer sehr oft in Holland spielen. Leute geködert haben wir nicht, wir haben eher drauf geachtet, dass wir dort eine gute Zeit haben und ein gutes Konzert spielen.

Ihr habt Melt und Sónar gespielt, in Moskau, Mexiko und Madrid, beim La Defense Jazz Festival in Paris und in der Poolbar. Wo waren seither die meisten Leute, wo die wenigsten?

Die Wenigsten und die Meisten waren glaub ich sogar am selben Wochenende. Das eine im Nijdrop in Belgien, einem wirklich schönen Club am Land. Zwei Tage später in Paris am Festival "Vilette Sonique" haben wir vor einem riesigen Park voller Leute gespielt.

Ist Wien als Basisstation insofern praktisch, weil die Reisezeiten kurz sind oder habt ihr überlegt auszuwandern?

Inzwischen haben wir unser Studio hier in dem wir rund um die Uhr arbeiten können, was wir als großen Luxus empfinden, das heißt auswandern kommt zur Zeit nicht in Frage. Von Wien ist man zwar schnell überall in Europa, allerdings sind die Flüge teurer als z.b von großen Städten in Deutschland, wodurch viele Veranstalter überlegen, ob sie sich vier Flüge leisten wollen. Andererseits kann man in Wien als Musiker wesentlich leichter und entspannter seine Sache machen, ohne ständig ums Überleben kämpfen zu müssen.

Ihr werdet oft mit Brandt, Brauer, Frick und Wareika verglichen. Nervt das und wo seht ihr entscheidende Unterschiede?

Das ist zum Glück inzwischen wieder abgeflaut, da jede Band ihren eigenen Weg geht und diese konstruierte Geschichte um "Techno mit echten instrumenten gespielt", nur kurz eine Schublade war in die wir gesteckt wurden. Uns hat das zwar zu Beginn viel Aufmeksamkeit gebracht, wir selbst haben das aber nie bewusst als Konzept gesehen. Für uns sind Synthesizer, Drum Machines, Turntables und Computer genauso instrumente wie Gitarre Bass und Schlagzeug, alles andere ist eine sehr antiquierte Sichtweise auf den Prozess der Entstehung von Musik. Würde man die Musik von BBF, Wareika und Elektro Guzzi im Blindtest hören, würde man nie auf die Idee kommen gerade diese drei Bands in eine Schublade zu stecken.

Bild(er) © ©Klaus Pichler
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