Die Klimakrise ist eine der größten globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – und längst auch in Österreich spürbar, etwa in Form von Waldbränden oder der gestiegenen Hochwassergefahr. Absichtserklärungen gibt es viele, am konkreten Handeln scheitert es hingegen oft. Nicht nur in der Politik. Wie man Menschen zu nachhaltigem Handeln bewegen kann, weiß die Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke.
Es gibt viele Ansätze, wie sich der ökologische Fußabdruck verringern ließe. Um den Titel deines Buchs zu zitieren: »Warum machen wir es nicht einfach?«
Isabella Uhl-Hädicke: Das hat viele Gründe. Es liegt einerseits an der Natur der Klimakrise. Sie ist schwer greifbar, irgendwie diffus. Sie wurde nicht von einem punktuellen Ereignis ausgelöst und es ist leider auch nicht so, dass wir sagen können, sie wird am 13. Mai 2025 vorbei sein, wenn wir folgende fünf Handlungen setzen. Zum anderen: Wir spüren zwar schon Konsequenzen, aber der Leidensdruck ist noch nicht so groß, dass er etwas auslösen würde. Und der dritte Punkt, den ich nennen möchte: Es gibt natürlich Ideen, wie man der Klimakrise begegnen kann, aber die Sache ist sehr komplex und betrifft viele Bereiche. Und selbst wenn man jetzt als Einzelperson alles umstellt, zeigen sich nicht sofort Konsequenzen des eigenen Handelns. Das Erleben von Konsequenzen ist es aber, was unser Handeln steuert.
Du schreibst in deinem Buch, dass schon die Auseinandersetzung mit Umweltschutz und Klimakrise einen inneren Zwiespalt auslöst, eine kognitive Dissonanz. Wie äußert sich dieses Phänomen?
Damit ist die Diskrepanz gemeint zwischen Wissen und Handeln. Also wir wissen eigentlich, was zu tun wäre – aber handeln wir auch entsprechend? Wenn wir diese Diskrepanz wahrnehmen, löst das in uns, salopp gesagt, ein ungutes Gefühl aus, eine kognitive Dissonanz. Wenn man die Information erhält, dass das eigene Verhalten schlecht fürs Klima ist, muss man mit dieser Diskrepanz irgendwie umgehen. Viele versuchen dann sich zu rechtfertigen, indem sie die Informationen herunterspielen oder Ausreden finden, um ihr Gewissen zu erleichtern. Oder indem sie die Quelle der Information infrage stellen, beispielsweise wenn sie Greta Thunberg dafür kritisieren, etwas in Plastik Verpacktes gegessen zu haben. Es hilft den Menschen zu sagen: »So perfekt, wie die tut, ist sie gar nicht.«
Welche Strategien und Ansätze gibt es, Menschen dazu zu bringen, sich nachhaltig zu verhalten?
Als Psychologin bin ich stark bei den menschlichen, bei den psychologischen Einflussfaktoren, aber es ist mir wichtig zu sagen: Ohne politische Rahmenbedingungen, ohne Infrastruktur wird es nicht gehen. Wie ist das Steuersystem gestaltet? Wie das Mobilitätssystem? Was die psychologischen Faktoren betrifft, so beeinflusst uns vor allem unser Umfeld – man nennt das die sozialen Normen. Ein Beispiel: In einer Studie wurde versucht Strategien zu entwickeln, die Leute dazu zu motivieren, ihren Energieverbrauch zu senken. Einer Gruppe hat man Infos gegeben, wie viel Geld sie sich durch ihr Handeln ersparen, einer anderen, wie positiv die Reduktion ihres Verbrauchs für die Umwelt ist. Und einer dritten wurde gesagt, wo sie mit ihrem Verbrauch im Vergleich zur Nachbarschaft liegen. Genau diese letzte Gruppe hat ihren Energieverbrauch dann am stärksten reduziert. Da passiert vieles unbewusst. Wir sind halt wirklich weit davon entfernt, rationale Wesen zu sein. Es geht darum, was man für »normal« hält. Wenn man sich zum Beispiel anschaut, wie viel mehr Platz Fleischgerichte auf Speisekarten haben im Vergleich zu vegetarischen Speisen. Das signalisiert uns: Fleisch zu essen ist normal.
Wie antwortest du auf die Frage, ob Einzelpersonen überhaupt etwas bewegen können?
Es braucht natürlich Handlungen auf politischer Ebene und auf wirtschaftlicher Ebene. Aber ich finde es wichtig, dass man auch als Einzelperson die Verantwortung annimmt, sich auch vor Augen führt, dass man etwas verändern kann. Wir alle können in unserem Umfeld Denkprozesse anstoßen. Wenn ich in die Arbeit komme und meinen Fahrradhelm auf den Tisch lege oder fürs Mittagessen mein eigenes vegetarisches Essen mitbringe, dann sind das Hinweisreize, die zeigen, was möglich ist. Natürlich ändert sich nichts von heute auf morgen – und ich versteh total, dass das frustrierend sein kann. Aber: Was wäre die Alternative? Man muss dranbleiben und alles tun, was in der eigenen Macht steht.
Isabella Uhl-Hädicke ist Umweltpsychologin an der Universität Salzburg. Vor Kurzem ist ihr Buch »Warum machen wir es nicht einfach? – Die Psychologie der Klimakrise« im Molden Verlag erschienen.
Anlässlich unseres 25-Jahr-Jubiläums haben wir uns in The Gap 192 »25 Fragen zur Gegenwart« gestellt. Dieser Beitrag beantwortet eine davon.