Wie bringt man Menschen dazu, nachhaltig zu handeln? – 25 Fragen zur Gegenwart (7/25)

Die Klimakrise ist eine der größten globalen Heraus­forderungen des 21. Jahr­hunderts – und längst auch in Österreich spürbar, etwa in Form von Wald­bränden oder der gestie­genen Hochwasser­gefahr. Absichts­erklärungen gibt es viele, am konkreten Handeln scheitert es hingegen oft. Nicht nur in der Politik. Wie man Menschen zu nach­haltigem Handeln bewegen kann, weiß die Umwelt­psychologin Isabella Uhl-Hädicke.

© Lukas Weidinger

Es gibt viele Ansätze, wie sich der ökologische Fuß­abdruck verringern ließe. Um den Titel deines Buchs zu zitieren: »Warum machen wir es nicht einfach?«

Isabella Uhl-Hädicke: Das hat viele Gründe. Es liegt einerseits an der Natur der Klimakrise. Sie ist schwer greifbar, irgendwie diffus. Sie wurde nicht von einem punktuellen Ereignis ausgelöst und es ist leider auch nicht so, dass wir sagen können, sie wird am 13. Mai 2025 vorbei sein, wenn wir folgende fünf Handlungen setzen. Zum anderen: Wir spüren zwar schon Konsequenzen, aber der Leidens­druck ist noch nicht so groß, dass er etwas auslösen würde. Und der dritte Punkt, den ich nennen möchte: Es gibt natürlich Ideen, wie man der Klima­krise begegnen kann, aber die Sache ist sehr komplex und betrifft viele Bereiche. Und selbst wenn man jetzt als Einzel­person alles umstellt, zeigen sich nicht sofort Konse­quenzen des eigenen Handelns. Das Erleben von Konse­quenzen ist es aber, was unser Han­deln steuert.

Du schreibst in deinem Buch, dass schon die Auseinander­setzung mit Umwelt­schutz und Klimakrise einen inneren Zwiespalt auslöst, eine kognitive Dissonanz. Wie äußert sich dieses Phänomen?

Damit ist die Diskrepanz gemeint zwischen Wissen und Handeln. Also wir wissen eigentlich, was zu tun wäre – aber handeln wir auch entsprechend? Wenn wir diese Diskrepanz wahrnehmen, löst das in uns, salopp gesagt, ein ungutes Gefühl aus, eine kognitive Dissonanz. Wenn man die Information erhält, dass das eigene Verhalten schlecht fürs Klima ist, muss man mit dieser Diskrepanz irgendwie umgehen. Viele versuchen dann sich zu recht­fertigen, indem sie die Informationen herunter­spielen oder Ausreden finden, um ihr Gewissen zu erleichtern. Oder indem sie die Quelle der Information infrage stellen, beispiels­weise wenn sie Greta Thunberg dafür kritisieren, etwas in Plastik Verpacktes gegessen zu haben. Es hilft den Menschen zu sagen: »So perfekt, wie die tut, ist sie gar nicht.«

Isabella Uhl-Hädicke, Umwelt­psychologin an der Universität Salzburg © Alexander Gotter

Welche Strategien und Ansätze gibt es, Menschen dazu zu bringen, sich nach­haltig zu verhalten?

Als Psychologin bin ich stark bei den menschlichen, bei den psycho­logischen Einfluss­faktoren, aber es ist mir wichtig zu sagen: Ohne politische Rahmen­bedingungen, ohne Infrastruktur wird es nicht gehen. Wie ist das Steuer­system gestaltet? Wie das Mobilitäts­system? Was die psychologischen Faktoren betrifft, so beein­flusst uns vor allem unser Umfeld – man nennt das die sozialen Normen. Ein Beispiel: In einer Studie wurde versucht Strategien zu entwickeln, die Leute dazu zu motivieren, ihren Energie­verbrauch zu senken. Einer Gruppe hat man Infos gegeben, wie viel Geld sie sich durch ihr Handeln ersparen, einer anderen, wie positiv die Reduktion ihres Verbrauchs für die Umwelt ist. Und einer dritten wurde gesagt, wo sie mit ihrem Verbrauch im Vergleich zur Nachbar­schaft liegen. Genau diese letzte Gruppe hat ihren Energie­verbrauch dann am stärksten reduziert. Da passiert vieles unbewusst. Wir sind halt wirklich weit davon entfernt, rationale Wesen zu sein. Es geht darum, was man für »normal« hält. Wenn man sich zum Beispiel anschaut, wie viel mehr Platz Fleisch­gerichte auf Speise­karten haben im Vergleich zu vegeta­rischen Speisen. Das signalisiert uns: Fleisch zu essen ist normal.

Wie antwortest du auf die Frage, ob Einzel­personen überhaupt etwas bewegen können?

Es braucht natürlich Handlungen auf politischer Ebene und auf wirtschaftlicher Ebene. Aber ich finde es wichtig, dass man auch als Einzel­person die Verant­wortung annimmt, sich auch vor Augen führt, dass man etwas verändern kann. Wir alle können in unserem Umfeld Denk­prozesse anstoßen. Wenn ich in die Arbeit komme und meinen Fahrrad­helm auf den Tisch lege oder fürs Mittag­essen mein eigenes vegetarisches Essen mitbringe, dann sind das Hinweis­reize, die zeigen, was möglich ist. Natürlich ändert sich nichts von heute auf morgen – und ich versteh total, dass das frustrierend sein kann. Aber: Was wäre die Alternative? Man muss dran­bleiben und alles tun, was in der eigenen Macht steht.

Isabella Uhl-Hädicke ist Umwelt­psychologin an der Universität Salzburg. Vor Kurzem ist ihr Buch »Warum machen wir es nicht einfach? – Die Psychologie der Klima­krise« im Molden Verlag erschienen.

Anlässlich unseres 25-Jahr-Jubiläums haben wir uns in The Gap 192 »25 Fragen zur Gegenwart« gestellt. Dieser Beitrag beantwortet eine davon.

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