Österreichische Bands texten jetzt gehäuft Österreichisch. Vague ist das wurscht. Vague machen es anders.
Im April erscheint ihr Debüt. Deutsch ist dort keines drauf. Zum einen – und da sind sich Konstantin Heidler und Gabriel Hyden einig –, weil »auf Englisch zu singen, lautmalerisch einfach am meisten hergibt«. Zum anderen, weil ihre Band nicht zwangsläufig mit Österreich konnotiert werden soll. »Dieser nationenbezogene Kulturexport liegt fernab von dem, was wir eigentlich wollen«, so Konstantin. »Da spielen wir echt lieber vor zehn Leuten in England (das bereits zweimal betourt wurde; Anm. d. Red.) oder Frankreich.« »Uns sind jene wichtig, denen unsere Musik am Herzen liegt«, bekräftigt Gabriel den Vague’schen Idealismus. Der Sound ist Postpunk. Auf rhythmische Gitarrenblumen legt sich da der meist nur gehauchte Raureif der Vocals und bringt die Songs so zum Glitzern. Irgendwo im Dickicht platzieren Vague auch gerne Disharmonien und Harmoniewechsel. Klingt dann so, als ob Ian Curtis Ketamin einwirft und in der Hängematte den Sundowner vertont. Einziger Vorwurf: In Dauerschleife kann das natürlich ein wenig langweilig werden.
Keine Konkurrenz
Dem oben erwähnten Idealismus gehorchend, interessieren sich Vague auch nicht für Youtube-Klicks. Wichtiger ist da schon die nationale Vielschichtigkeit der Hörerschaft, die aus den Soundcloud-Statistiken abgelesen wird und unter denen derzeit mittelamerikanische Länder das Gravitationszentrum bilden. Bands wie Wanda gönne man natürlich den Erfolg. Man sehe sich überhaupt nicht in Konkurrenz. Schon alleine, weil die Szene so überschaubar ist, müsse man zusammenhalten. Das tut man auch. Das Debütalbum von Voodoo Jürgens wurde beispielsweise von Wolfgang Möstl gemischt. Dessen Band-Spezl Mario Zangl hatte dann wiederum bei »In The Meantime« die Finger an den Knöpfen.
Mit der Unstetigkeit als Begleiter, versuchen sich Vague an einer Art von Zeitlosigkeit. Im konkreten Fall also an einer Platte, für die man sich auch in fünf Jahren nicht schämt. Ein kurzes Dahinreiten auf der Hype-Welle – uninteressant. Diese Ambition hört man natürlich auch auf dem Debüt, das versucht, erstens nicht österreichisch und zweitens nicht nach 2016 zu klingen.
Die allgegenwärtige Bedrohung
Dass bei Vague dezidiert kein Frontmann abgestellt wird, kann sicherlich als Versuch gewertet werden, der Fokussierung auf Oberfläche entgegenzuwirken. In der fünfköpfigen Band werden Entscheidungen intern also demokratisch gefällt, wird der externen Wahrnehmung weniger Projektionsfläche geboten. Das soll Tinder tun.
So klar die Position zu Substanz, so vage die dem Albumtitel eingetackerten Bedeutungsebenen. »Meantime« kann ja als zwischenzeitlich – also zwischen zwei Zeitpunkten – übersetzt werden. »Mean« kann aber auch als »Es ist natürlich eine ur-arge, gemeine Zeit in der wir leben« ausgelegt werden. Man kennt das aus dem eigenen Leben: Selbst die schlimmsten Zeiten werden irgendwann vom nächsten Fiasko abgelöst. Das erzeugt Melancholie und die schwingt bei Vague in jedem der zehn Songs mit. Ebenso die nicht genau festmachbare, aber dennoch allgegenwärtige, kafkaeske Bedrohung (»We’re in danger / Tomorrow, anyday«).
Den Blick in die Zukunft hält die Band absichtlich kurz und schmiedet nur ungern Pläne. »Ein grober, größerer Stein lässt sich halt einfach leichter nach vorne rollen als so ein bisschen Kies«, wie Gabriel metaphrasiert. Einfach laufen lassen also – und in dieses Debüt eintauchen. Wie das auch Vague tun.
»In The Meantime« erscheint am 22. April bei Siluh Records.