50 Jahre läutet Marianne Mendts »Glock’n« nun schon 24 Stunden am Tag. Circa 438.000 Stunden sind das hochgerechnet bis heute. Gefühlt genauso viele Songs sind seither in Österreich geschrieben und produziert worden. Österreichischer Pop hat viele Gesichter und Geschichten – welche davon sind die wichtigsten?
60. Voodoo Jürgens »Tulln« (2016)
Und auf einmal macht das alles Sinn, machen 50 Jahre Austropop Sinn, macht all das verdammte Geschwurbel von der Vergangenheit Sinn: für diese eine Nummer, für dieses Meisterwerk der Melancholie, in dem der Voodoo von seiner Jugend als Bua mit die Schneckerl erzählt, zwischen Knochenbar und Eierspeisbauten, zwischen Mäuberln und Wundbenzin. Und mit der so tieftraurigen Erkenntnis, für die sich alles gelohnt hat: »Vüle san o’gstiazt, aber uns hod’s ned troff’n!« (do)
59. Hubert von Goisern »Brenna tuats guat« (2011)
Der Comeback-Hit ist eines der komplexesten musikalischen Pop-Phänomene. Chers »Believe« oder Madonnas »Hung Up« könnte Dissertationen füllen. Auch ein Österreicher hat diese schwierige Transition geschafft: Hubert von Goisern. In den 90ern hat er mit nachdenklichen Songs wie »Heast as nit« und »Weit, weit weg« einen beliebten Wellnesshotel-Soundtrack geliefert. Aus dem Nichts schießt der Oberösterreicher mit »Brenna tuats guat« fast 20 Jahre später an die Spitze der österreichischen Charts – inklusive Eintrag im bayerischen Wikipedia. (tz)
58. Bingoboys feat. Princessa »How To Dance« (1990)
Mit einer Nummer eins in den US-Dance-Charts und einer Nominierung zum besten Dance-Video auf MTV ist der Zenit erreicht. »How To Dance« ist eine geschickte Montage von Samples mit einem Seventies-Throwback-Novelty-Effekt. Dazu rappt Princessa zeitgeistige Nonsense-Vocals mit exzellentem Flow. Einer der Bingoboys – Klaus Biedermann, Bruder von DJ DSL (Platz 25) – ist später als Teil von Ultimatief für Welthits wie »A klana Indiana«, »Anton aus Tirol« und »Hey Baby« mitverantwortlich. Als Texter des »HC Rap« erreicht er 22 Jahre später schließlich den Anti-Zenit. (sn)
57. Clara Luzia »Morning Light« (2007)
»This is a sad, sad song«: Mit ihrem zweiten Soloalbum gibt Clara Luzia die von Grundtraurigkeit geprägte Richtung vor. Dass sich die Musikerin in jungen Bühnenjahren das Publikum einfach wegdachte, passt zum introvertierten Bild der Anti-Rampensau, die die Zügel selbst in der Hand halten will. Der stets persönliche Zugang macht Clara Luzia zu einer zwangsläufig politischen Singer-Songwriterin, die als queere Frau in einer von Bubenbands dominierten Zeit eine neue Perspektive einbrachte und beim Schwanzvergleich nach wie vor einfach nicht mitmacht. (ae)
56. Skero feat. Joyce Muniz »Kabinenparty« (2009)
»Geht scho, gemma Vollgas!« – dass Songzeilen in den Sprachgebrauch ganzer Generationen Eingang finden (oder war es doch umgekehrt?), kommt nicht gerade häufig vor. Der »Lange« von Texta (bis 2013), hat es geschafft und mit »Kabinenparty« österreichischen Hip-Hop auf Platz 4 der Charts und somit in die Mitte der Gesellschaft gehievt. Am Erfolg nicht ganz unbeteiligt: das Video aus dem Wiener Kongressbad und natürlich die musikalische Vorlage, der Baile-Funk-Kracher »Popozuda Rock N’ Roll« von Edu K, den sich Skero und Joyce Muniz bravourös aneignen. (mf)
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