»Wir sind echt lucky bitches« – Aze im Interview zum Album »Hotline Aze«

Auf »Hotline Aze«, ihrem Debütalbum, präsentieren Aze unterschiedliche Facetten des R&B. The Gap traf das Duo zum ausführlichen Gespräch über die ersten Schritte im Musikbusiness, die Arbeit im Studio sowie Pläne für die Zukunft.

© Amelie Strobl

Ezgi Atas und Beyza Demirkalp haben nicht nur freundschaftlich, sondern auch musikalisch zusammengefunden und 2019 begonnen, gemeinsam Musik zu machen. Fast forward zu 2022: Die beiden stehen bei Ink Music unter Vertrag, waren kürzlich Vorband bei Lola Marsh und veröffentlichen nun ihr erstes Album. »Hotline Aze« heißt das gute Stück und die 13 Songs bieten R&B mit Einflüssen aus Indie und Pop sowie orientalischen Klängen – verträumter, smoother Gesang und internationaler Appeal inklusive.

Wie ist euer musikalischer Werdegang verlaufen? Habt ihr immer schon Musik gemacht?

Beyza: Ich bin Beyza.

Ezgi: Ich bin Ezgi.

Beyza: Zusammen sind wir Aze, seit 2019 machen wir gemeinsam Musik. Ich habe mit elf oder zwölf angefangen, Gitarre zu spielen, und mich am Produzieren versucht. Schon als Teenies haben wir Songs gecovert, aber 2019 haben wir dann unseren ersten eigenen Song geschrieben.

Ezgi: Und seitdem geht’s dahin (lacht). Meine Mutter hat mich früh musikalisch gefördert. Mein Name bedeutet auch Musik auf Türkisch – und ich komme nach meinem Namen, sagt sie jetzt. Sie hat mich in die musikalische Früherziehung gesteckt und eigentlich wollte ich Gitarre spielen, aber meine Finger waren way too short, daher durfte ich Blockflöte spielen – so wie es viele anfangs machen. Später lernte ich doch Gitarre, aber ging lange mehr in die klassische Richtung. Irgendwann ist dann Beyza eingestiegen und ich habe mich mehr auf das Singen konzentriert. Unsere Rollen in der Band haben sich also so ergeben, denn ich finde es anstrengend, gute Guitar-Lines zu spielen, während ich singe. 2019 konnte ich erstmals einen guten Text schreiben, davor hatte ich es lange nicht geschafft, etwas zu schreiben, das sich reimt bzw. eine Melodie hat. Meine Texte stellte ich dann auf meinen Tumblr-Blog. Das war zwar ein großer Moment für mich, aber richtige Musik war das doch nicht. Es hat bei mir erst Klick gemacht, als eine Freundin mir ur das Herz gebrochen hat. Da war ich so sad, dass ich zu Beyzas Musik schreiben konnte.

Ihr seid ja zusammen in Oberösterreich aufgewachsen.

Beyza: Genau, unsere Mamas sind beste Freundinnen.

Die machen aber nicht auch Musik, oder?

Ezgi: Nein, das nicht, aber sie sahen sich oft und dadurch mussten auch wir uns immer sehen. Irgendwann dachten wir uns: Wenn wir nun stundenlang abhängen müssen, dann sind wir eben nun befreundet (lacht). Wir kommen beide aus einer ländlichen Gegend, in der nicht viel los ist. Wir fuhren oft mit dem Rad, das war unser Ding.

Beyza: Musik und Fahrradfahren – das haben wir so gemeinsam gemacht.

Und wie kam es dann dazu, dass ihr ein Bandprojekt gestartet habt?

Ezgi: The second I wrote a song. Wirklich. Wir coverten zuerst viele Songs, aber nach einer Weile dachten wir, wie cool es sein könnte, eigene Songs zu haben. Wir setzten uns also hin, so ur forced, und versuchten, einen Song zu schreiben, und es war the worst shit you’ve ever heard. Er war voll weird und einfach nicht cool, somit haben wir es eine Weile gelassen. Später lud Beyza ein Snippet aus dem heutigen Song »Common Ground« in ihrer Instagram-Story hoch und ich fragte sie kurz danach, ob sie mir das nicht schicken kann. Zu der Zeit wohnten wir sogar zusammen. Ich arbeitete dann an dem Lied weiter und schickte ihr schließlich meine Version. Und so ist Aze entstanden.

Der Bandname ist ja eine Verbindung von euren beiden Vornamen.

Ezgi: Es klingt ein bisschen arrogant, wenn man das so sagt, aber wir würden gerne behaupten, dass wir das Ass im Deck sind, und weil wir türkisch sind, schreibt man uns mit Z. Damit die Leute auch checken, wie man unseren Namen sagt. Es ist nicht so schwer, es ist einfach nur ein englisches C. Anfangs wollten wir uns Eza nennen, aber wir stellen fest, dass dies der Name einer anderen Musikerin ist, also haben wir den Namen umgedreht.

Wie habt ihr dann zu Ink Music gefunden? Habt ihr überhaupt damit gerechnet, so schnell ein Label zu finden?

Ezgi: Wir wollten eigentlich kein Label, aber dann suchten wir beim Musikfonds um eine Förderung an und die teilten uns mit, dass wir ein Label oder einen Marketingplan brauchen, um gefördert zu werden. Wir reichten zwar den Marketingplan ein und erhielten die Förderung, dennoch kam uns zu diesem Zeitpunkt der Gedanke, doch mit einem Label zu arbeiten. Nadja (von Ink Music, Anm. d. Red.) war da schon in unseren Leben und sie meinte eines Tages, dass unser Album zu ambitioniert für ein DIY-Projekt sei und ob wir nicht bei Ink Music signen wollen.

Wenn man mit einem Label arbeitet, inwiefern gibt man da auch kreative Kontrolle ab?

Ezgi: Bei Ink Music gar nicht. Es gibt einen Unterschied zwischen Indie- und Major-Labels: Ein Major-Label gibt dir Geld, um ein Album zu produzieren und es gibt dir ebenso einen Rahmen, in dem du dich bewegen kannst. Ein Indie-Label wiederum bietet dir vor allem seine Infrastruktur an. Es lenkt dich eventuell schon in eine für dich passende Richtung, aber wir hatten ja bereits Musik und somit gab es keine Vorschriften für uns.

War es furchteinflößend, schließlich in einem Studio zu sein?

Beyza: Bevor wir hinfuhren, waren wir schon ein bisschen gestresst. Wir dachten uns echt so …

Ezgi: … kann ich überhaupt Musik machen?

Beyza: Aber wir wollten mit freiem Kopf ins Studio gehen, ohne sich im Vorfeld zu denken, dass da nun 15 Songs fertigwerden müssen.

Ezgi: Wir wären auch happy gewesen, wenn wir die Studiosession mit drei Songs abgeschlossen hätten. Es war für uns wie ein Experiment: Was passiert, wenn man Wien ausklammert und sich nur auf die Musik konzentriert? Wir waren letztendlich vier oder fünf Tage im Studio und dann hatten wir ungefähr elf Songs.

Aze »Hotline Aze« © Amelie Strobl

Wie war die Zusammenarbeit mit Jakob Herber?

Ezgi: Er hat schon unsere EP davor gemastert, er war also schon bei »Call Me Back« und »Laundry Room« heavily involved. Es hat sich also weiterentwickelt.

Beyza: Und wir haben nach und nach gemeinsam Songs geschrieben.

Ezgi: Wir wollten schauen, wie es ist, wenn er vom ersten Moment an dabei ist, um dem Album Struktur zu geben. Es war super angenehm, mit ihm zu arbeiten.

Wie habt ihr ihn ursprünglich kennengelernt?

Beyza: Er folgte mir irgendwann auf Instagram und ich lud einen Song von uns in die Story.

Ezgi: Den jetzt Sophie (Lindinger, Anm. d. Red.) mit uns fertiggestellt hat.

Beyza: Er reagierte eben darauf und fragte, ob der Song bereits fertig sei bzw. ob wir einmal gemeinsam arbeiten wollen. Und wir so: Fix. Why not? Es hat gleich zwischen uns gepasst.

Ezgi: In nur drei Stunden hatten wir das Grundgerüst des Songs »Lovely«.

Ihr seid also sehr schnell überall reingerutscht quasi.

Ezgi: Wir haben eben das Glück, dass wir Jakob haben, der unsere Sprache, Musik zu machen, versteht. Beyza und ich gehen nicht gerade großartig nach Tonleiter vor oder so, weil – who the fuck cares. Sorry, aber wenn es sich gut anfühlt, ist es richtig. Jakob versteht es eben, wenn ich mich umdrehe und eine Melodie summe – er kann das dann sofort umsetzen.

Beyza: Ich finde, er versteht beide Welten. Er versteht unseren eher praktischen Ansatz, aber er versteht ebenso Musiktheorie.

Ezgi: Genau. Er sagt dann: Okay, das ist kein b-Moll-7, sondern es ist ein e-Moll-7.

Hattet ihr davor einen Plan, in welche Richtung es gehen soll?

Ezgi: Unsere ursprüngliche Challenge war, zu entdecken, wie viele Seiten von R&B wir bespielen können. Ich meine schon, dass unsere Musik in das Genre R&B reinpasst, aber die einzelnen Songs sind quasi Untergenres von R&B: Von Neo-Soul bis Latino ist alles dabei. Wir wollten unsere Einflüsse vereinen.

Das führt mich zu meiner nächsten Frage: Welche musikalischen Vorbilder habt ihr?

Ezgi: Wir erstellten mit Jakob eine Playlist, in denen unsere Einflüsse gelistet sind. Bei manchen Textzeilen merke ich den Einfluss von Sade.

Beyza: Auch Justin Timberlake war ein ziemlicher Einfluss.

Ezgi: Lana Del Rey war für »Waterfalls« ein Vorbild, Hope Tala für »Sudoku«. Die Musik ändert sich ebenso: »Showbiz« und »Sad Sensation« haben wir nachgeschossen, diese Songs schrieben wir erst im Oktober 2021, weil wir mehr Songs wollten, die man live gut spielen kann. Zu dieser Zeit hörte ich schon mehr Indie als R&B und daher merkt man, dass bei »Sad Sensation« mein aktueller main influence eher Indierock ist.

Beyza: Wir haben auch die EP von Biig Piig sehr oft gehört.

Ezgi: Genau, Biig Piig haben wir auch so viel gedigged.

Also kann man ganz gut gemäß des eigenen Geschmacks rekonstruieren, was einen beeinflusst hat?

Ezgi: Auf jeden Fall. Wir sind große Fans von der Aussage, dass kein originaler Gedanke existiert. Das will ich auch betonen: Wir glauben nicht, dass wir the next new big thing sind, denn everybody is the next new big thing. I take what I get and then I do my thing with it.

Nächste Seite: Aze über die Sprachmemos auf ihrem Album, ihre Perspektive auf die österreichische Musikszene und internationale Zukunftspläne

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