So eine soulige Stimme hat es in der österreichischen Musiklandschaft lange nicht gegeben und auch das distinkte, zurückgenommen-moderne visuelle Konzept ist herzlich willkommen. Lou Asril bringt im März seine erste Mini-LP heraus. Ein guter Anlass, um sich mit dem knapp 20-Jährigen zu treffen und ihn ein wenig auszufragen: zu seiner Musik, zu seinen Texten und zu seinen Zukunftsplänen.
Spätestens als es in der Musik als Karriereweg durch Gespräche mit dem Label Ink Music ernster wurde, verlagerte sich der Fokus auf Lou Asril als Solokünstler. Und auch wenn er den ehemaligen Bandnamen lieber unter Verschluss halten will (»Das lass ma mal«), mit von der Partie sind mehrere der Bandmitglieder trotz alledem noch immer – als Teil der ihn begleitenden Liveband.
Weinen macht glücklich
Den Namen des Musikprojekts Lou Asril werden bald noch mehr Menschen kennenlernen. Im März soll seine erste Mini-LP erscheinen. Die drei bereits veröffentlichten Songs »Divine Goldmine«, »Soothing Moving« und »Friek« sind darauf zu hören, ebenso wie drei neue Songs.
»I like to be sexy and a man« – so beginnt einer der neuen Tracks, »Safe And Complete«. Sexyness spielt damit in Lou Asrils Männlichkeitsbild zwar eine tragende Rolle, doch er definiert sie trotzdem in Teilen transgressiv. »Sexy bedeutet für mich, sich frei und confident zu fühlen«. Die Männlichkeit bringt er ins Spiel, um damit eine Verbindung herzustellen. An klassischen Narrativen vom Mann, der begehrt, und der Frau, die begehrt wird, hat sich schließlich wenig verändert – weder in der Populärmusik noch in anderen massentauglichen Kunstformen. »Es ist eine Kombination, die nicht so oft gebracht wird. Ich wollte das mal so in den Raum stellen«, erklärt er.
Es ist auch genannter Song, in dem Lou die Zeilen »I like to smile when I see your face« und »I like to cry at a private place« gegenüberstellt. Eine Aussage, die ebenfalls kaum in einen solchen Zusammenhang gestellt wird – mit »Männlichkeit« im Allgemeinen eher selten und mit »männlicher Sexyness« im Speziellen erst recht nicht. Dabei sei es ihm mit der Textzeile vor allem darum gegangen, ehrlich darüber zu reden, dass er gerne weint. »Das sagt man halt auch nicht so oft«, erklärt er. »Danach fühl ich mich leichter. Es macht mich glücklich. Leben ist für mich, verschiedene Emotionen zu erleben und zu fühlen.« Warum ihn das Weinen glücklich macht, erklärt er außerdem mit dem damit einhergehenden Lerneffekt und dem daraus folgenden Gefühl von Empowerment. »Ich kann sehr viel daraus lernen, weil ich ein sehr selbstreflektierter Mensch bin und mich damit auch weiterentwickle. Am Arsch sein für zwei Wochen, aber dann zehn Mal stärker zurückkommen und einen Song darüber schreiben«, sagt er und beginnt zu lachen.
Beim Songwriting geht es ihm allerdings vordergründig auch nicht unbedingt darum, konkrete Messages zu verbreiten. »Es ist eher ein Gefühl, das ich transportieren möchte«, beschreibt er seine Herangehensweise. Bei seiner Single »Friek« ist die leitende Emotion vor allem ein Mantra der Selbstermächtigung: »I can do what I ever wanna do / I can love who I ever wanna love / I can speak how I ever wanna speak / Hit the flow ready steady go / Be your own friek«, singt er darin. Im dazu erschienenen Musikvideo ist er mit verbundenen Augen zu sehen. Die langen Tücher, die sich um seinen Kopf schlingen, erscheinen wie Fesseln. Dazwischengeschnitten sind Aufnahmen, wie er schlussendlich in die Luft emporgehoben wird.
Seinen eigenen Stil beschreibt Lou als »minimalistisch, detailliert, aber trotzdem groß«. Die Bebilderung seines künstlerischen Schaffens ist für ihn ein wichtiger Teil seiner Gesamtinszenierung, die er in kollaborativen Arbeitsprozessen konzipiert: »Ich mag es gerne, mit verschiedenen Leuten zusammenzuarbeiten, sowohl musikalisch, als auch anderweitig. Und egal ob es Coverart oder Video ist, ist das immer irgendwie anders. Es ist aber eine Art für mich, wie ich Sachen lerne. Zwischenmenschlichkeit inspiriert mich.« Oder direkter ausgedrückt: »Wie denkst du? Vielleicht machen wir was daraus.«
Über Sex schreiben
Dass die Texte dabei trotzdem Vielschichtigkeit anstreben, ist kein Zufall, sondern Teil des Prozesses. Dabei entsteht ein Gegensatz aus der Impulsivität, mit der er schreibt, gegenüber dem interpretierbaren Output. »Ich überlege zwar sehr viel, aber ich schreibe auch sofort auf, was rauskommt und versuche danach, verschiedene Bedeutungen zu finden, damit das nicht auf eine Sache beschränkt ist.« Das kommt womöglich auch daher, dass Lou selbst von Zeit zu Zeit Songs und deren Texte auf sein eigenes Leben bezieht. »Manchmal geht’s mir scheiße und ich höre einen Satz in einem Song und denke mir: Ha, Karma! Oder: Schicksal! Oder so was«, erklärt er lachend.
Dass er in seiner Musik Männlichkeitsbilder und Gefühlschaos streift, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in seinen Songs vor allem viel um Sex geht. In »Safe And Complete« zum Beispiel mit der Aufforderung » If you want it / When you got it / Show it, do me tonight / If you want it / Come and get it«. Auch der Song »Heaven« ist im Kern ein tagträumerisches Begehren. Und im Closing Track »Som Som« besingt Lou einen Daddy, den er King Kong nennt. Lou Asril sieht diese thematische Schwerpunktsetzung dabei vor allem in einem direkten Zusammenhang mit der »Relatability«. Dadurch, dass sein Songwriting in erster Linie Selbstreferenz eigener Erlebnisse, Erfahrungen und Gefühle ist, stellt sich ja die direkte Frage, wie sich diese Themen so verhandeln lassen, dass sie für Interpretationsspielraum und die Möglichkeit zur Vereinnahmung durch die Hörer-Innenschaft geöffnet werden. So auch seine einfache Antwort: »Also ich schreibe sehr viel über Sex und das ist etwas sehr Universelles.«
Sujets neu erfahren
Auch für ihn selbst gibt es immer wieder einen Transformationsprozess mit den eigenen Songs. So beschreibt Lou auch, wie er selbst nach dem Schreiben eines Songs wieder in eine Rolle zurückfindet und darin verhandelte Sujets neu erfährt. Das ist vor allem auch vor dem Hintergrund interessant, dass der Entstehungsprozess der jetzt erscheinenden Mini-LP teilweise bereits vor vier Jahren begann. Stellt sich also die Frage, ob mit einer Veröffentlichung auch die Thematik, auf die in einem Song Bezug genommen wird, in irgendeiner Weise fertig zerdacht erscheint. »Immer, wenn ich zu einem nächsten Song gegangen bin um den fertigzuproduzieren, hat sich das Thema, das ich mit dem Song verbunden habe, wieder präsenter in mein Leben gestellt. Das war interessant zu beobachten«, erklärt Lou. »Ich würde jetzt nie sagen, dass etwas abgeschlossen ist, weil es trotzdem ein Gefühl ist, dass ich in mir drin habe, und ich kann kein Gefühl loswerden. Ich kann es neu interpretieren und von einer anderen Seite betrachten, aber im Prinzip schließe ich nie damit ab.«
Und so steht Lou Asril permanent im Studio, um Musik zu produzieren. Kein Plan B, als sei er getrieben davon, sich musikalisch auszudrücken: »Musik mache ich nur für mich. Ich kann gar nicht sagen, dass es mir guttut. Es ist einfach das Einzige, was ich tue – wirklich. Ich mach nichts anderes.« Das erklärt auch, warum er sich nur peripher mit dem eigenen Erfolg auseinandersetzt oder in Tagträumen für die Zukunft verfängt. Er mache einfach weiter, »dann sehe ich eh, was passiert«.
Lou Asrils erste Mini-LP erscheint am 13. März bei Ink Music. Auf sein nächstes Livekonzert am 12. März im WUK folgen diverse Österreichtermine.