So strapaziert diese Floskel auch ist: An Anger kam man die letzten Monate wirklich nicht vorbei. Mit »Wo ist die Liebe« wandelt das Duo seinen Anger in Sadness. In ihrer für The Gap erstellten »Mood by Anger«-Playlist verraten sie uns, welche musikalische Inspiration sie auf ihre Suche nach Liebe mitgenommen haben.
Weil Nora Pider und Julian Angerer zusammenwohnen, müssen sie sich nicht an Abstandregelungen halten. Trotzdem beschäftigt sie das Verhältnis von Nähe uns Distanz, und zwar schon länger als Corona. Bei ihrem Album-Release-Konzert im B72 Anfang des Jahres präsentierte das Duo bereits neue Songs – darunter »Wo ist die Liebe«, eine Ballade über Beziehungsprobleme und somit eher untypisch für das bisherige Œvre von Anger. Was hat die SüdtirolerInnen inspiriert, sich gerade jetzt mit einer traurigen Nummer zu zeigen? Da ein Interview mit den beiden ob ihres derzeitigen Pop-Momentums sowieso längst überfällig war, haben wir sie einfach gefragt.
Ihr habt gerade den FM4 Award gewonnen und musstet, wie etliche andere MusikerInnen, sehr viele Live-Termine absagen. Wie kommt ihr mit der Quarantäne zurecht?
Wir freuen uns sehr über den Amadeus Award und auf die Show im September in der Stadthalle. Direkt am Tag, nachdem uns das Team von FM4 im Türkenschanzpark überrascht und uns verkündet hat, dass wir den Amadeus gewonnen haben, ist es mit den Isolations- Maßnahmen losgegangen. Vorher konnte man sich ja gar nicht so genau vorstellen, was das genau bedeutet. Wir haben dadurch dann leider sehr viele Shows absagen müssen, überall in Europa. Das ist sehr bitter, einerseits finanziell, andererseits auch für unseren Karriere-Run. Die ersten zwei Wochen haben wir uns dann ziemlich ausgepowert: Zig Förderanträge geschrieben, Konzerte verschoben, Instagram-Kanäle übernommen, gespielt, sehr viel trainiert und einfach versucht, trotz allem sehr präsent zu bleiben. Dann ist uns alles zu viel geworden und wir haben einen Gang zurückgeschaltet, zumindest mal für ein paar Tage, und haben die neue Situation mal auf uns wirken lassen. Wir sind beide zum Glück sehr flexibel und anpassungsfähig und arbeiten sehr lustvoll und mit ganzem Herzen an uns und an Anger. Deshalb nehmen wir die Situation gerade so, wie sie ist. Es ist unsere Lebenszeit, die wir mit positiver Energie befüllen können und so denken wir uns ständig neue Konzepte aus, schreiben Songs und finden heraus wie oder was Anger in dieser verrückten Zeit sein kann. Was uns auch sehr hilft, ist mindestens einmal am Tag spazieren zu gehen, um den Kopf freizubekommen, und sich von der Natur inspirieren zu lassen.
»Wo ist die Liebe« schlägt im Vergleich zu euren bisherigen Releases traurigere Töne an. Wie war es, diesen Song zu schreiben? Und wie fühlt es sich an, diese Seite von euch zu zeigen?
Es war ein sehr langer und teilweise auch sehr aufreibender Prozess. Wir haben uns für den Song sehr viel Zeit gelassen – für unsere Verhältnisse. Es gab sogar Zeiten, da haben wir am Song nicht mehr weiterarbeiten können, weil es für uns zu emotional war. Mittlerweile haben wir eine gute Distanz dazu aufgebaut und sind mit dem Ergebnis sehr happy. »Wo ist die Liebe« zeigt eine weitere Seite von uns und es fühlt sich wirklich gut an. Wir sind real und verstecken uns und unsere Gefühle nicht. Wir lassen alle daran teilhaben. Uns ist es wichtig, dass man uns nahekommen kann, wir wollen mit den Zuhörer*innen und Zuseher*innen über unsere Songs, über unsere Shows und über unsere Social-Media-Präsenz kommunizieren. Ihr könnt und sollt uns kennen. Wir machen aus nix ein Geheimnis. Es ist ein bisschen wie Big Brother – alle die möchten, können bis in unser Schlafzimmer schauen.
Von außen betrachtet habt ihr die letzten Monate alles abgeräumt, was es zu holen gab. Wie hat sich die Zeit seit eurem Debüt-Album für euch angefühlt?
Ja, haha, das stimmt. Wir freuen uns natürlich mega über die Preise. Es bestätigt unser Tun und macht uns sehr selbstbewusst. Wir arbeiten sehr leidenschaftlich, ehrlich und mutig und es ist so schön, wenn wir merken, dass wir und unsere Musik sehr gut ankommen, und dass wir anscheinend sehr vieles richtig machen. Es ist alles außergewöhnlich schnell gegangen, vom Debüt-Album im September bis jetzt. Wir waren viel unterwegs, haben viele Konzerte gespielt in Österreich, Deutschland, Niederlande, Italien und der Schweiz und auch schon wieder sehr viel Neues geschrieben. Uns ist es sehr wichtig, uns als Personen weiterzuentwickeln. Wir möchten die Grenzen unserer Ausdruckskraft sprengen und schauen, wie weit wir kommen.
Wollt ihr uns ein bisschen was über eure »Mood by Anger«-Playlist erzählen?
Ja, die Playlist ist rund um den Song »Wo ist die Liebe« entstanden. Es gibt Songs, die uns direkt oder indirekt inspiriert haben, beim Schreiben oder aber beim Vergessen des Themas, um den Kopf wieder freizubekommen. Es sind Songs, die wir gerne mögen und die wir sehr oft hören. Sie passen auf irgendeine Art und Weise alle zu unserem neuen Song, entweder von ihrer Aussage oder von den musikalischen Elementen, die sie beinhalten. Wir freuen uns schon sehr, euch alle bald wieder zu sehen. Küsse und stay strong & stay positive!
Anger haben am 20. September ihre erste LP namens »Heart/Break« veröffentlicht. Seither haben sie unter anderem den XA Export Award im Rahmen des Waves Vienna 2019 und den oben genannten FM4 Award 2020 gewonnen. »Wo ist die Liebe« ist am 17. April via Phat Penguin erschienen.