The Gap Diagonale-Tagebuch

Die Diagonale endete gestern mit Auszeichnungen und Aktuellem in altem und neuen Gewand. Zeit, einen Blick zurück auf das Wochenende zu werfen. Während man Freitag mit alten Seidl-Filmen in die Vergangenheit entführt wurde und der Film „Die Migrantigen“ zeigte, wie gutes, inklusives und lustiges Kino aussehen kann, referierte am Samstag Andi Winter über seine Tätigkeit als Colorist.

Samstag

Am fünften Tag der Diagonale gibt es Filme für alle Stimmungen und eine einen Vortrag von Andi Winter über seine Tätigkeit als Colorist.

Der fünfte Tag der Diagonale startete unter anderem mit dem Film „Ugly“ von Juri Rechinsky. Gedreht in Österreich und der Ukraine erzählt das Drama die Geschichte von zwei Paaren, die mit verschiedenen Schicksalsschlägen, wie etwa einem Autounfall und Demenz zurechtkommen müssen. Der Regisseur erzählt dem Diagonale-Publikum schon vor dem Screening, dass einige bisherige ZuseherInnen und KritikerInnen den Film sehr depressiv fanden. Sicherlich ist „Ugly“ kein Wohlfühlfilm und vermutlich ist es auch nicht ein Film für die Massen, dennoch entwickelt sich in Rechinskys Geschichte und in seinen Bildern eine gewisse Poesie und Melancholie, die einem noch nach dem Film mitnehmen. Spannend ist, dass die Geschichte nicht chronologisch erzählt wird, Dialoge gibt es ebenso keine. „Ugly“ erinnert uns an die Fragilität des Lebens und ist alleine schon wegen der starken Performanz von Maria Hofstätter sehenswert.

Die zweite Reihe in der ersten Reihe

Im Zuge des diesjährigen Rahmenprogramms wollten die Diagonale-Leiter auch einmal die „zweite Reihe“, also die Leute, die hinter der Kamera dafür sorgen, dass wir Filme genießen können, in den Fokus rücken. Daher gibt es dieses Jahr die Reihe „Zur Person: Andi Winter“. Andi Winter, 1976 in St. Pölten geboren, hatte im Laufe seiner Karriere verschiedene Funktionen beim Film inne: So war er etwa Kameramann/-assistent, Digital Imaging Technician und Schauspieler. Derzeit arbeitet er vor allem als Colorist, ist also für die Abstimmung der Farben eines Films in der Postproduktion zuständig. Eine Tätigkeit, die ColoristInnen gemeinsam mit der Regie und dem Kameramann/der Kamerafrau durchführen, weshalb es, wie Andi Winter mehrmals betont, sehr von Bedeutung ist, eine gemeinsame Sprache zu finden, um an dem jeweiligen Projekt effizient arbeiten zu können. In seiner Lecture am Freitag erzählt er Interessierten anhand der drei Stichpunkte Kontrast, Farbe und Textur und mit Beispielbildern aus zwei Filmen, in denen er für die Farben zuständig war („Tiere und andere Menschen“ und „Der Einsiedler“), wie er bei seiner Arbeit vorgeht. Durch den direkten Vergleich von unbearbeiteten und bearbeiteten Filmmaterial kann das Publikum die Unterschiede gut erkennen. Zugleich ruft es auch einmal in Erinnerung, wie viel Arbeit in Filmen steckt und dass diese nur durch die Zusammenarbeit eines Teams entstehen können. Im Durchschnitt braucht Andi Winter für seine Arbeit fünf Tage Zeit bei einem Dokumentarfilm und zehn bei einem Spielfilm.

Zeitgenössisch und humorvoll

Am Abend bringt die Diagonale nochmals Maren Ades vielgelobten „Toni Erdmann“ auf die Leinwand. Der Plot dürfte den meisten bekannt sein und eigentlich gibt es zu diesem Film nur folgendes zu sagen: Schaut ihn euch an, falls ihr ihn noch nicht gesehen habt. Ebenso ist der im Jänner dieses Jahres gestartete Film „Die Blumen von gestern“ von Chris Kraus zu sehen. Darin mimt Lars Eidinger den misanthropischen Holocaust-Forscher Toto Blumen, dessen Leben von einer ihm an die Seite gestellten Assistentin (Zazie gespielt von Adèle Haenel) durcheinander gebracht wird. Obwohl sich der Prämisse des Films eventuell im ersten Augenblick etwas klischeehaft anhören mag (grumpy old man wird von junger, hübscher Frau dazu gebracht, das Leben gut zu finden; you know the drill) ist dies bei „Die Blumen von gestern“ so gar nicht der Fall: Hier vermischt sich Tragik mit Humor, hier trifft Aufarbeitung mit der eigenen Familiengeschichte auf die Fähigkeit der beiden ProtagonistInnen, sich aufeinander einzulassen.

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