50 Jahre läutet Marianne Mendts »Glock’n« nun schon 24 Stunden am Tag. Circa 438.000 Stunden sind das hochgerechnet bis heute. Gefühlt genauso viele Songs sind seither in Österreich geschrieben und produziert worden. Österreichischer Pop hat viele Gesichter und Geschichten – welche davon sind die wichtigsten?
95. Supermax »Love Machine« (1977)
Österreich hat in Sachen Pop nicht allzu viele Weltstars hervorgebracht, Kurt »Supermax« Hauenstein war einer davon. Und »Love Machine«, dieser Klassiker des Disco-Funk, sein größter Hit. Der Musiker – langes, blondes Haar, Schnauzer – spielte Bass für Ambros (Plätze 3 und 40), Heller (Platz 81) & Co, bevor er in Frankfurt bei Frank Farian (Boney M.) anheuerte und schließlich Supermax ins Leben rief. Ob auf Jamaika, im Südafrika der Apartheidszeit oder jenseits des Eisernen Vorhangs – überall trat Hauenstein auf. 2011, im Alter von 62, verstarb der »King of Groove« überraschend. (mf)
94. 5/8erl in Ehr’n »Siasse Tschik« (2011)
Die Wiener Soul-Formation 5/8erl in Ehr’n ist den Genussmitteln nicht abgeneigt, das macht sie schon im schlauen Bandnamen klar. Mit sehr viel Schmäh, politischem Bewusstsein und satten vier Jazz-Amadeus-Trophäen grooven sich die Achterl seit über einem Jahrzehnt durch ihr eigenes Genre. Ein Höhepunkt ihrer Karriere: »Siasse Tschik«, die regionale Kifferhymne abseits von Reggae-Klischees. Als hätten sie die heurige Maxime des Social Distancing geahnt, feiern sie hier das Zuhausebleiben und Zustelldienste – freilich aus ganz anderen Gründen. (ae)
93. Die Vamummtn »Vamummtn Krocha Hymne« (2008)
Mit ein paar Jahren Abstand können wir uns nicht mehr so sicher sein, ob die Krocha-Bewegung eigentlich nur ein Fiebertraum war. Der kollektive Schlafparalyse-Dämon einer ganzen Nation. Die Vamummtn lieferten mit der »Krocha Hymne« eigentlich einen satirischen Beitrag, den viele, die sich selbst besagter Jugendkultur zugehörig fühlten, als Leitbild befolgten. Für diesen einen Song wurde das Trio, deren bürgerliche Namen und Gesichter bis heute unbekannt sind, bei Universal Music gesignt. Es folgten nur mehr ähnlich peinliche, aber irrelevante Songs. (tz)
92. Kamp & Whizz Vienna »Versager« (2009)
Es gibt im österreichischen Hip-Hop keinen, der Kamp das Feuerwasser reicht. Manche sind erfolgreicher, aufrechter, idiotischer oder verballerter. Aber kein Zweiter reimt wie Kamp. Dazu häkelt Whizz Vienna Beats aus Soul und Gold. Gute zehn Jahre wartet die Szene auf dieses Album, das angekündigtermaßen Kamps erstes und letztes wird. Die Juice erklärt »Versager ohne Zukunft« zum Album des Jahres. Beim Titeltrack sind Abfuck, Todessehnsucht und Witz nicht mehr zu überbieten. Rap geht steil. Aber nach unten. (sn)
91. HMBC »Vo Mello bis ge Schoppornou« (2010)
Dass Mundart in den 2010er-Jahren ein Comeback feiern wird, war angesichts der zunehmend bürgerlichen Bedürfnisse, die die damals erwachsen werdende Jugend äußerte, abzusehen. Mundart ist das eine, Vorarlbergerisch ist das andere. »Von Mello bis ge Schoppornou« war ein Hit, der Dorffeste und studentische Milieus schwemmte, gerade weil niemand auch nur ein Wort verstand. Selbst VorarlbergerInnen taten sich angeblich mit dem speziellen Dialekt des Holstuonarmusigbigbandclubs schwer. Dabei hilft der eingängige und grölbare Refrain. (tz)
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