Eine Dekade, aber als Lebensgefühl – Was bleibt von den 2010ern?

Zehn Jahre sind entweder sehr lange oder sehr kurz. Wenn es um eine popkulturelle Analyse geht: unfassbar lang. Um eine erschöpfende Einordnung aller relevanten Erscheinungen und Geschehnisse zu liefern, hätten wir einen mindestens 2010-seitigen Sammelband herausgeben müssen. Stattdessen wollen wir in unserem Dossier eine feine Auswahl an Themen bearbeiten, die das vergangene Jahrzehnt genauso wie uns geprägt haben. Illustriert wurden alle Texte von Lisa Schrofner. Wo warst du, als die 2010er vorbei waren?

Im Kino nichts Neues – Remakes überall

von Barbara Fohringer

© Lisa Schrofner

Die 2010er-Jahre haben nicht nur Remakes und noch mehr Remakes auf die Leinwände und Bildschirme gebracht, oft sind es nun Neuverfilmungen mit weiblichem Cast, die um die Gunst des Publikums buhlen. Aber warum setzen Filmstudios eigentlich gerne auf Altbewährtes?

Jetzt ist schon wieder was passiert. So könnte man – angelehnt an Wolf Haas – die Remakes-Realität der 2010er-Jahre beschreiben. Keine Woche scheint zu vergehen, in der nicht ein Remake eines Films oder einer Serie auf der großen Leinwand (oder zumindest beim Streaming-Anbieter des eigenen Vertrauens) nach unserer Aufmerksamkeit verlangt. Es gibt mehrere Varianten, wenn Altbekanntes auf ein (neues) Publikum trifft, wobei selbst unter ExpertInnen die Definitionen und Grenzen umstritten sind:

1. Remake: Ein Film/eine Serie wird – basierend auf einem bereits existierenden Stoff – neu verfilmt (z. B.: »The Lion King«, 2019).

2. Reboot: Hier handelt es sich um keine Fortsetzung, sondern um eine neue Interpretation der Vorlage, die Gültigkeit des Vorgängerwerkes wird – im Gegensatz zum Remake – nicht anerkannt (z. B.: »Ghost- busters«, 2016).

3. Revival: Damit ist die Wiederbelebung, meist einer Serie, gemeint (z. B.: »Twin Peaks«, 2017).

Sicher, Remakes & Co sind nicht erst in den 2010er-Jahren aufgekommen. Bekannte Stoffe (etwa Literaturverfilmungen wie »The Great Gatsby«) haben schon in den Jahrzehnten davor mehrmals ihren Weg ins Kino gefunden. Und auch beliebte fiktive Figuren wie Carrie Bradshaw oder Bridget Jones bevölkerten zuerst Kolumnen bzw. Bücher und erst später Serien bzw. Filme. Auch Fortsetzungen gibt es viele. Relativ neu ist jedoch die Dominanz von Remakes – vor allem dank großer Studios. So habe Disney laut CNBC in den letzten neun Jahren mehr als sieben Milliarden Dollar dank eigener Remakes eingenommen. Radio Times hat recherchiert, dass 16 der 20 Filme, die 2018 weltweit am meisten eingespielt haben, Remakes und andere Neuauflagen waren. Zum Vergleich: 1983 waren es lediglich sechs.

Ein weiterer Trend, der sich in den letz- ten Jahren abgezeichnet hat, sind Remakes/ Reboots mit weiblichem Cast. Als Paradebeispiel kann das »Ghostbusters«-Reboot von Paul Feig aus dem Jahr 2016 gelten. Wie so oft, wenn Frauen in Kultur, Medien und Politik (mehr) mitmischen und sichtbar werden, kam die Kritik daran schneller, als man Ghostbusters sagen konnte. Bereits die Ankündigung des Films führte zu einem frauenfeindlichen Shitstorm. Doch warum gibt es zur Zeit so viele Remakes? Georg Seeßlen nennt hierfür in einem Artikel für Zeit Online drei ökonomische Gründe: Man brauche sich bei bewährten Stoffen keine Sorgen ums Drehbuch zu machen, man nütze einen Bekanntheits- sowie Nostalgiebonus und man schaffe ein »generationenübergreifendes Déjàvu«, wie der Autor es nennt.

Nostalgie (Hallo 1990er!) gibt es also nicht nur bei Urban Outfitters zu kaufen, Nostalgie wird gesehen, gehört, gelesen sowie vermarktet – und sie bringt vor allem eines: (vermeintliche) Sicherheit in unsicheren Zeiten.

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